von Redaktion

500.000 Haushalte sollen sich Eigentum leisten können - pro Jahr

Pestel-Institut stellt auf BAU 2025 Studie "Wohneigentum In Deutschland" vor - "Offensive Wohneigentum" zur Vermeidung von Altersarmut gefordert

Immer weniger Menschen wohnen in den eigenen vier Wänden: Die Eigentumsquote in Deutschland liegt nach aktuellen Zensuszahlen mittlerweile bei unter 44 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit 15 Jahren. Und die Tendenz ist weiter rückläufig: Die Zahl der Haushalte, die im Eigenheim oder in einer Eigentumswohnung leben, sinkt kontinuierlich. Das geht aus der aktuellen Studie „Wohneigentum in Deutschland“ hervor, die das Pestel-Institut  auf der Messe BAU in München vorgestellt hat.

 

Um ein weiteres Absinken der Eigentumsquote zu stoppen und den Abwärtstrend umzukehren, fordern die Wissenschaftler des Pestel-Instituts eine staatliche „Offensive Wohneigentum“. Ziel müsse es sein, pro Jahr 500.000 Haushalte in die Lage zu versetzen, sich zum ersten Mal Wohneigentum, das sie selbst nutzen, anzuschaffen. Selbst dann würde Deutschland im Europa-Vergleich immer noch weit abgeschlagen auf dem vorletzten Platz rangieren – hinter Dänemark und Frankreich.

Deutschland soll vom Mieter- zum Eigentümerland werden

Langfristig müsse Deutschland mehrheitlich vom Mieter- zum Eigentümerland werden: „Eine Eigentumsquote von 50 Prozent und mehr wie in Österreich, den Niederlanden und Schweden würde vor allem auch mehr soziale Stabilität bringen“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Immerhin sei Wohneigentum ein wichtiger Garant für die Altersvorsorge. Denn Mieten würden für Seniorenhaushalte in Deutschland zunehmend zu einer finanziellen Belastung: „Steigende Mieten drängen mehr und mehr ältere Menschen in die Altersarmut“, so Günther.

 

Das Pestel-Institut hat die Wohneigentums-Studie im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) gemacht. Dessen Präsidentin Katharina Metzger ruft die Parteien dazu auf, „den Menschen wieder eine Perspektive auf die eigenen vier Wände zu geben – und das nicht als bloßes Wahlversprechen, sondern als Vorsatz für die künftige Regierungsarbeit“. 2025 müsse zum „Bau-Wendejahr“ werden: „Deutschland braucht mehr Sozialwohnungen, mehr bezahlbare Mietwohnungen, aber auch mehr Wohneigentum“, so Metzger.

 

Das Pestel-Institut kritisiert in seiner Studie die bisherige Regierungspolitik. Chef-Ökonom Matthias Günther macht „politisches Versagen“ für den kontinuierlichen Rückgang der Eigentumsquote verantwortlich: „Für Durchschnittsverdiener ist die Chance auf Wohneigentum heute gleich Null. Die Enttäuschung der Menschen darüber ist enorm.“ Immerhin wünsche sich der weit überwiegende Teil der Bevölkerung, in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Gleichzeitig seien die Bedingungen, sich ein Einfamilienhaus, ein Reihenhaus oder eine Eigentumswohnung anzuschaffen, aber „denkbar schlecht“.

 

„Der Bund hat es versäumt, für eine Unterstützung der Menschen, die sich ihre eigenen vier Wände anschaffen wollen, zu sorgen – vor allem für eine effektive Förderung von Wohneigentum. Es wird höchste Zeit, den Abwärtstrend bei der Eigentumsquote zu stoppen und ihn umzukehren“, so Günther. Der Bund müsse Wohneigentum künftig als festen Baustein der Altersvorsorge berücksichtigen: „Der soziale Effekt der ‚Beton-Rente‘ wird von Sozial- und Wohnungsbaupolitikern immer noch ignoriert. Das ist fatal“, so Günther.

 

Wohneigentum als Altersvorsorge

Denn Wohneigentum sei immer auch Altersvorsorge. „Wenn es in der neuen Bundesregierung demnächst um die fällige Rentenreform geht, dann spielt das Wohnen im Alter und dabei gerade auch das Wohneigentum eine zentrale Rolle. Insbesondere älteren Menschen wächst die Miete schnell über den Kopf: Wer in Rente geht, den trifft oft der Mieten-Schock. Für viele Seniorenhaushalte wird die Miete zur K.o.-Miete. Oder anders gesagt: Altersarmut ist Mieterarmut“, so Studienleiter Matthias Günther. Eine bezahlte eigene Immobilie sei deshalb der beste Schutz vor Mietsteigerungen im Alter.

 

Die Studie macht in einer Modellrechnung den direkten Vergleich zwischen einem Mieter- und einem Eigentümerhaushalt: Beide leben auf 100 Quadratmetern Wohnfläche. In beiden Haushalten verdienen zwei Berufstätige gleich viel Geld – nämlich das Durchschnittseinkommen als Vollzeit- und Halbtagskraft. Nach 45 Jahren im Job bleiben dem Mieterhaushalt mit dem Eintritt in die Rente gerade einmal 1.450 Euro netto im Monat zum Leben. Der Eigentümerhaushalt hat dagegen 2.200 Euro zur Verfügung. Fazit: „Die Miete zwingt die Menschen dazu, im Alter den Gürtel erheblich enger zu schnallen“, sagt Studienleiter Matthias Günther.

 

Die Studie „Wohneigentum in Deutschland“ nimmt insbesondere die „Nestbauer-Generation“ ins Visier und zieht eine bittere Bilanz: „Die meisten der 25- bis 45-Jährigen wohnen heute zur Miete. Der Staat hat aus ihnen quasi eine komplette Miet-Generation gemacht“, so Matthias Günther. Die Wissenschaftler des Pestel-Instituts zeigen auf, was passieren muss, um diesen Menschen auf dem aktuellen Immobilienmarkt eine Chance auf die eigenen vier Wände zu geben. Die Studie setzt dabei vier Schwerpunkte:

Sicherheit und Verlässlichkeit

„Ein ganz wichtiger Punkt ist Sicherheit. Die Menschen brauchen von der neuen Bundesregierung eine verlässliche Wohnungsbaupolitik für mindestens zwanzig Jahre“, sagt Matthias Günther. Verunsicherung sei „Gift für die Anschaffung von Wohneigentum“.

Der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel unterstreicht genau das für die Baubranche: „Wer sich bis an die Grenze des Machbaren verschuldet, der will kein Risiko – keine Überraschungen durch zusätzliche Klimaschutzauflagen zum Beispiel. Denn die Menschen können nicht fünf oder zehn Jahre nach einem Immobilienkauf schon wieder kräftig investieren – in eine neue Heizung oder zusätzliche Dämmung“, so BDB-Präsidentin Katharina Metzger. Durch politische „Ad-hoc-Auflagen“ sei zuletzt erhebliches Vertrauen verlorengegangen. Hinzu komme ohnehin eine Verunsicherung der Menschen durch die wirtschaftliche Krise und die damit verbundene Angst um Arbeitsplätze.

Effektive Förderung

„Aktuell fehlt eine wirksame Förderung, die den Menschen die Chance auf Wohneigentum gibt“, sagt Pestel-Studienleiter Matthias Günther. Der Staat habe sein Engagement bei der Bildung von Wohneigentum heruntergefahren. Das sei früher anders gewesen: „Seit den Anfängen der Bundesrepublik war die Förderung von Wohneigentum über Jahrzehnte hinweg ein wichtiges Instrument der Wohnungsbaupolitik. Davon ist heute allerdings nichts mehr übrig“, so Günther.

Es lohne sich für die künftige Bundesregierung, „einen Blick in den Rückspiegel auf die Jahre einer erfolgreichen Wohnungsbaupolitik zu werfen“: „Der soziale Wohnungsbau war ursprünglich – von den 50er- bis in die 80er-Jahre – zu rund 40 Prozent Wohneigentumsförderung. In diese Richtung muss es jetzt wieder gehen“, sagt Matthias Günther.

Die heutige Bundespolitik sei davon allerdings „denkbar weit entfernt“, kritisiert BDB-Präsidentin Katharina Metzger. Eine so geringe Zahl geförderter Wohnungen im Eigentum wie heute habe es noch nie gegeben. „Das Bundesbauministerium hat bislang zielsicher am Wohnungsmarkt und damit am Leben der Menschen vorbei gefördert“, so Metzger. Ein Programm wie ‚Jung kauft Alt‘ sei „vielleicht effektiv fürs politische Schaufenster, nicht aber effektiv für die Förderung von Wohneigentum“. Damit müsse jetzt Schluss sein, fordert die Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel.

Staatlicher Kredit als Eigenkapital-Ersatz

Das Pestel-Institut spricht sich außerdem für eine „Starthilfe des Staates“ bei der Wohneigentumsbildung durch ein Darlehen mit niedrigem – etwa auf zwei Prozent dauerhaft festgeschriebenem – Zins aus. Dies könne fehlendes Eigenkapital ersetzen.

Keine Grunderwerbsteuer

Außerdem solle der Staat beim Ersterwerb von Wohneigentum, das selbst genutzt wird, komplett auf die Grunderwerbsteuer verzichten, so das Pestel-Institut. Diese liege immerhin zwischen 3,5 Prozent in Bayern und 6,5 Prozent in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und dem Saarland.

„Die Parteien sind jetzt gut beraten, die Chance der Menschen, sich ein Einfamilienhaus, ein Reihenhaus oder eine Eigentumswohnung anzuschaffen, in den Fokus des Bundestagswahlkampfes zu rücken“, sagt BDB-Präsidentin Katharina Metzger. Vor allem aber müsse die neue Bundesregierung die Bildung von Wohneigentum zu einem Schwerpunkt ihrer Wohnungsbaupolitik machen.

(Foto: Pixabay)

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: online

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