Baupolitik -
Bauministerin Hendricks will Grundgesetz ändern
Wohnungsnot wächst weiter. Länder können die Aufgabe dauerhaft nicht stemmen
DBU/Berlin – Bundesbauministerin Barbara Hendricks will mehr wohnungsbaupolitische Macht für den Bund. Die SPD-Politikerin hat eine Änderung des Grundgesetzes ins Gespräch gebracht. „Wir brauchen die Grundgesetzänderung, um als Bundesregierung wirksam dort helfen zu können, wo die Wohnungsnot am größten ist“, sagte Hendricks der Funke Mediengruppe.
Gegen den derzeit großen Mangels an Wohnung kann die Bundesregierung nach jetziger Gesetzeslage nur begrenzt vorgehen, denn seit der Föderalismusreform sind die Regierungen der Bundesländer zuständig für den Wohnungsbau. Selbst die finanzielle Unterstützung des sozialen Wohnungsbaus durch den Bund ist laut Rechtslage nur noch bis 2019 möglich. Im Folgejahr fallen die Millionenzuschüsse, die die Länder vom Bund erhalten, die sogenannten Kompensationsmittel, weg.
Nur durch eine Grundgesetzänderung könne sich der Bund dauerhaft stärker im Wohnungsbau engagieren, so Ministerin Hendricks. Der aktuelle Bedarf an Wohnungen sei so riesig, dass die Länder diesen auf Dauer nicht alleine stemmen könnten. Die Bundesbauministerin befürwortet eine gemeinsame Zuständig von Bund und Ländern im Wohnungsbaubereich.
Nachholbedarf an Wohnraum
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland rund 250.000 Wohnungen fertiggestellt worden. Laut Berechnungen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB) werden pro Jahr jedoch rund 400.000 neue Wohnungen benötigt. Alleine 50.000 davon seien nötig, um den Nachholbedarf zu decken, der sich in den Jahren mit deutlich zu schwachen Wohnungsbauzahlen aufgestaut hat.
Bundesministerium stockt Zuschüsse auf
Auch aus der Sicht Bundesregierung reicht der aktuelle Wohnungsbauboom nicht aus, um die Nachfrage nach Wohnraum zu decken. Das Bundesbauministerium kommt bei eigenen Berechnungen zum Wohnungsbedarf zum dem Ergebnis, dass bis zum Jahr 2020 jährlich 350.000 bis 400.000 Wohnungen fertiggestellt werden müssten. Damit liegt der ermittelte Bedarf nur geringfügig niederiger als von den Verbänden berechnet. „Wir brauchen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum in den Ballungsräumen“, sagte Ministerin Hendricks. Alle Beteiligten müssten sich engagieren: Bund, Länder, Kommunen, Bauwirtschaft und private Investoren, so die Ministerin weiter. Das Bundesbauministerium selbst hat seine Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau von 518 Mio. Euro in diesem Jahr auf 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2018 fast verdreifacht. Auch das Wohngeld habe der Bund in diesem Jahr für 860.000 Haushalte erhöht, so Hendricks.
Bauwirtschaft begrüßt Vorschlag
Beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) stößt der Vorschlag von Ministerin Hendricks auf Zustimmung. HDB-Hauptgeschäftsführer Michael Knipper verweist jedoch darauf, dass bis zur Umsetzung der Grundgesetzänderung noch einige Zeit vergehen werde.
„Die Länder können aber bereits schon jetzt aktiv werden“, so Knipper. Er fordert die Vereinheitlichung der Landebauordnungen zur Stärkung des seriellen Bauens, wodurch in Deutschland schnell mehr kostengünstiger Wohnraum geschaffen werden könne.
Erschienen in Ausgabe: August 2016 | Seite 1