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Berlin-Brandenburg: Wohnungsbau jubelt, Tiefbau ächzt
Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg legt Ergebnisse einer Mitgliederbefragung vor
DBU/Berlin – Die Bauwirtschaft in der Region Berlin-Brandenburg ist tief gespalten. Während die Wohnungsbauunternehmen sich über eine gute Auftragslage freuen, kämpfen Tiefbauunternehmen noch immer mit einer schwächelnden Konjunktur. Das bestätigen die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg. Demnach bewertet ein Viertel der Bauunternehmen die eigene Auftragslage mit „schlechter als im Vorjahr“, ebenfalls ein Viertel sagt, die Auftragslage sei besser als im Vorjahr. „Dieses Ergebnis spiegelt die konjunkturell gespaltene Baubranche wider“, so Axel Wunschel, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg (BIBB) auf einer Pressekonferenz in Berlin.
Auch bei der Bewertung der unternehmerischen Geschäftslage zeigt sich ein zweigeteiltes Bild. Während der Anteil der Unternehmen, die mit ihrer Geschäftslage „sehr zufrieden“ sind, im Vergleich zum Vorjahres um zwei Prozentpunkte auf 6,3 Prozent gestiegen ist, wuchs ebenfalls der Anteil der Unternehmen, die mit ihrer Geschäftslage unzufrieden sind – um drei Prozentpunkte auf 9,4 Prozent.
Firmen wollen einstellen
Bei der Beschäftigung stehen die Zeichen in der Hauptstadtregion auf Expansion. Der Anteil der Unternehmen, die Beschäftigung abbauen wollen, ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich von 12,5 Prozent auf 3,1 Prozent gesunken. Zeitgleich stieg der Anteil der Unternehmen, die ihr Personal aufstocken wollen, von 25 auf 43,8 Prozent. Nur knapp mehr als die Hälfte, nämlich 53,1 Prozent der Unternehmen, planen laut Konjunkturumfrage keine Veränderung ihres Personalbestandes.
Reichweite der Auftragsbestände
Die Entwicklung der aktuellen Reichweite der Auftragsbestände ist uneinheitlich. Zum einen gaben mehr Unternehmen als im vergangenen Jahr an, dass ihre Auftragsbestände für mehr als sechs Monate vorhalten. Ein Anstieg von 1,6 Prozentpunkte von 39,6 Prozent auf 41,2 Prozent. Laut BIBB-Hauptgeschäftsführer Wunschel verbergen sich hinter dieser Zunahme vor allem große, komplexe Hochbauprojekte, von denen einzig Hochbauunternehmen profitieren.
Zeitgleich hat sich auch der Anteil der Unternehmen mit einem Auftragsbestand, der für die nächsten 30 Tage ausreicht, von 8,3 Prozent auf 14,7 Prozent stark erhöht. Laut Wunschel spiegelt sich in dieser Zunahme die aktuelle Vergabepraxis der öffentlichen Hand im Tiefbau wieder. Hier käme es aktuell vermehrt zu sogenannten Ad-hoc-Maßnahmen, ergänzte BIBB-Präsident Marcus Becker. Das seien punktuelle Baumaßnahmen im Straßen und Tiefbau, die stets vorgenommen würden, wenn bereits ein Schaden eingetreten ist. Becker spricht in diesem Zusammenhang von Flickschusterei. Er fordert statt solcher Ad-hoc-Maßnahmen die ordentliche und frühzeitige Instandsetzung von Straßen und Rohrleitungen.
Im Gegenzug ist der Anteil der Unternehmen, die über einen Auftragsbestände mit mittlerer Reichweite verfügen, deutlich zurückgegangen. Gaben im letzten Jahr noch 27,1 Prozent der befragten BIBB-Mitgliedsunternehmen an, ihr Auftragsbestand reiche für „bis zu sechs Monate“, lag der Anteil bei der diesjährigen Befragung nur bei 20,6 Prozent. Der Bauindustrieverband sind in dieser Entwicklung ein mögliches Anzeichen für ein baldiges Abflauen der Baukonjunktur in Berlin und Brandenburg.
Zahlungsmoral der öffentlichen Hand bessert sich nicht
Obwohl derzeit die Steuereinnahmen sprudeln, bemängeln die Bauunternehmen der Hauptstadtregion nach wie vor eine schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Haushalte. Diese habe sich weiter verschlechtert, sagen 13,8 Prozent der befragten Unternehmen. Eine Verbesserung der öffentlichen Zahlungsmoral sieht kein einziger der befragten Baubetriebe.
Ganz anders entwickelt sich die Zahlungsmoral der privaten Auftraggeber. Diese habe sich verbessert, meinen 6,5 Prozent der Bauunternehmen. Eine Verschlechterung sieht keins der Unternehmen. „Das ist ein deutliches Zeichen, dass die Konjunktur sehr gut läuft“, so BIBB-Hauptgeschäftsführer Wunschel.
Erschienen in Ausgabe: Juni 2016 | Seite 9