von Christian Schönberg

Bund startet erstes nationales Pilotprojekt zu BIM

Autobahnbau nördlich von Berlin ist digital geplant

DBU/Berlin – Der Bund lässt mit einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) nördlich von Berlin rund 60 Kilometer Autobahn neu bauen. Das Vorhaben wurde als erstes nationales Pilotprojekt zur Integration des BIM-Ansatzes von der Planung über die Ausführung bis hin zur Erhaltung ausgewählt.

Das Building Information Modeling (BIM) basiert auf der durchgängigen Nutzung eines virtuellen, geometrisch visualisierten 3D-Modelles der Projektbeteiligten. Es hilft, Abstimmungsprobleme frühzeitig zu lösten. Das Risiko von Planungsfehlern soll ebenso minimiert wie die Termin- und Kostenplanung verbessert werden.

Die dafür ausgesuchte BIM-Vertragsstrecke ist der Bauabschnitt 4 der A 24 und damit eine Strecke von fünfeinhalb Kilometern. Sie gilt für die Planer als besonders komplex, da neben der Fahrbahn auch zwei Ingenieurbauwerke sowie die Tank- und Rastanlage Linumer Bruch in die Bauarbeiten einzubeziehen sind. Der BIM-Planungsprozess startete im August 2018 mit der Mock-Up-Phase, also der prototypischen Testumgebung zur Sicherstellung der projektspezifischen Arbeitsweise mit BIM. Diese Phase dauert bis 2021.

Vorab wird ein Grundlagenmodell mit dem Detaillierungsgrad LOG 100 – nach dem englischen „Level of Geometry“ – erstellt. Dargestellt wird der Bestand des Geländes. Außerdem wird auf Basis von Erkundungen und bestehenden Baugrundinformationen ein Modell abgeleitet. Der Streckenbau wird ebenso abgebildet wie der Bestand der Tank- und Rastanlage und der Ingenieurbauwerke. Das Grundlagenmodell wird in das Entwurfsmodell, Ausführungsmodell sowie in das Übergabemodell integriert.

Die Vorplanung ist im Entwurfsmodell LOG 200 abgebildet. Aus diesem Modell werden zum Beispiel die Entwürfe der Ingenieurbauwerke abgeleitet. Für die Ausführung wird ein spezielles Modell (LOG 400) erstellt, das der Ausführungsplanung der Strecke und der Ingenieurbauwerke entspricht. Das Übergabemodell wird in der Erhaltungsphase für verschiedene Anwendungen genutzt. „In dieser Größenordnung ist so ein Vorhaben noch nie digitalisiert worden“, sagt Dr. Thomas Stütze, Geschäftsführer der Havellandautobahn GmbH (HAG). „Wenn es funktionieren soll, müssen jedoch alle Beteiligten umdenken. Nicht zu unterschätzen ist daher auch der soziale Aspekt.“ Die HAG steuert das Projekt und ist Teil eines Konsortiums, zu dem sich die österreichische Habau-Gruppe sowie eine deutsche Tochtergesellschaft der niederländischen Royal BAM Gruppe im Rahmen der öffentlich-privaten Partnerschaft zusammengeschlossen haben. Die Bauarbeiten haben schon im Sommer 2018 begonnen. Das Bauende ist für 2022 anvisiert. Die A 10 zwischen den Dreiecken Pankow und Havelland wird dabei auf sechs Spuren verbreitert. Für die weiter in den Nordwesten Brandenburgs führende A 24 bis zum Anschluss Neuruppin erfolgt lediglich eine Grundsanierung der vier Spuren, weil der prognostizierte künftige Fahrzeugverkehr geringer ausfallen soll als auf der A 10. Auf der A 24 sollen aber die Seitenstreifen von zweieinhalb auf 3,75 Meter verbreitert werden, um Teilabschnitte je nach Verkehrsaufkommen zeitweise für den Verkehr freizu-
geben.

38 Brücken – davon 28 Ersatzbauten und zehn Neubauten – sind ebenfalls zu errichten. Außerdem entstehen bis zu neuneinhalb Meter hohe Lärmschutzwände und -wälle auf einer Länge von rund 20 Kilometern. Gebaut wird bei laufendem Verkehr. 19 Cat-Baumaschinen hat die Arge über den Zeppelin-Konzernkundenbereich sowie über die Zeppelin-Niederlassung Berlin-Schenkendorf angeschafft. Die Flotte setzt sich aus zwei Kettenbaggern, zwei Kurzheckbaggern, drei Mobilbaggern, vier Walzen, drei Dozern und mehreren Radladern zusammen. Alle Dozer arbeiten mit der Trimble-Steuerung Earthworks. Sieben Systeme lieferte der Trimble-Vertriebspartner Sitech. „Steuerungselemente wie diese gelten inzwischen als Grundvoraussetzung für das Baustellencontrolling, um Soll- sowie Ist-Massen zu vergleichen“, so das Unternehmen Zeppelin.

Die Projektkosten für die A 10 und A 24 belaufen sich auf 1,4 Milliarden Euro. Die reinen Baukosten für den Ausbau schlagen mit rund 640 Millionen Euro zu Buche. Der Auftragnehmer erhält während der Projektdauer von 30 Jahren ein Verfügbarkeitsentgelt, dessen Höhe sich grundsätzlich nach der Qualität der erbrachten Leistung und der Verfügbarkeit der Autobahn für die Verkehrsteilnehmer richtet, also abhängig davon, wie oft die Fahrbahnen für Bau- oder Reparaturarbeiten gesperrt werden müssen. Bei früheren Autobahn-Projekten mit privaten Partnern, wie der A 1 Mobil zwischen Hamburg und Bremen, hatte der Bund noch auf eine Vergütung über Maut gesetzt.

Es ist für das Bundesland Brandenburg das erste Projekt mit einem ÖPP-Vertrag. Die HAG übernimmt damit auch beispielsweise den Winterdienst für die Projektstrecke sowie zusätzlich auf einem rund zehn Kilometer langen Streckenabschnitt des westlichen Berliner Rings, der von der Anschlussstelle Falkensee ins Autobahndreieck Havelland einmündet. Für die vereinbarten Dienste hat die HAG eine moderne Autobahnmeisterei in Vehlefanz an der Anschlussstelle Oberkrämer eröffnet. Die Autobahn selbst verbleibt im Eigentum
des Staates.

von Christian Schönberg

Erschienen in Ausgabe: Dezember 2019 | Seite 33

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