von Jasch Zacharias
BVMB: "Brückensperrung auf A45 ist Katastrophe mit Ansage"
Mittelständische Bauwirtschaft macht Druck bei Sanierungen von Autobahnbrücken
Von einer „Katastrophe mit Ansage“ spricht der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V. (BVMB), Michael Gilka, angesichts der Teilsperrung der Autobahn A 45, besser bekannt als „Sauerlandlinie“. Wegen dramatischer Mängel musste die Talbrücke Rahmede komplett gesperrt werden.
PKW werden nach einer Notreparatur wohl in ein paar Monaten wieder über die Brücke dürfen – LKW erst, wenn in mehreren Jahren ein Ersatzneubau für den Verkehr freigegeben wird. „Das führt zu einem totalen Verkehrskollaps in der betroffenen Region und massiven Schäden für die Wirtschaft“, beklagt Gilka. „Das ist bei weitem nicht die einzige tickende Zeitbombe“, fordert der BVMB-Vertreter mehr Druck bei der Sanierung insbesondere von Autobahnbrücken.
„Jahrzehntelang zu wenig in Sanierung investiert“
Für 2026 war der Ersatzneubau für die Talbrücke Rahmede im Zuge der Autobahn A 45, der Sauerlandlinie, geplant. Allerdings hat das rund 450 Meter lange Bauwerk bei Lüdenscheid das nicht mehr ausgehalten: Laut aktueller Untersuchungen weist die Stahlverbundbrücke im Bereich der Hauptträger dramatische Verformungen auf, die zum Teil mehr als das Dreifache der zulässigen Werte erreichen. Die Autobahn GmbH des Bundes zog die Notbremse und sperrte die Brücke und damit die komplette Autobahn bei Lüdenscheid für den Verkehr. Drei bis vier Monate dauern nun Notreparaturen. Danach wird die Brücke auch nur für Pkw geöffnet werden. Lastwagen werden über die Brücke nie wieder fahren können.
„Für uns kommt das nicht wirklich überraschend“ kommentiert BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka die Havarie der Brücke – bei einem Lebensalter von über 50 Jahren und einer Belastung mit rund 64.000 Fahrzeugen täglich, darunter 13.000 Lkw, sei das „kein Wunder“ für jeden Baufachmann. Bereits vor zehn Jahren hatte die Brücke bei einer Prüfung mit „nicht ausreichend“ abgeschnitten. Allein entlang der A 45 befänden sich unter den rund 60 Talbrücken zwischen Dortmund und Gießen wahrscheinlich eine Reihe weiterer „Notfallpatienten“, so Gilka. In den kommenden Jahren seien zwar eine Vielzahl von Brückenerneuerungen auf der Autobahn ins Auge gefasst. Ob bis dahin aber deren Tragfähigkeit in jedem Einzelfall ausreiche, müsse nach der Erfahrung mit der Talbrücke Rahmede in Frage gestellt werden. „Der Bund hat
jahrzehntelang deutlich zu wenig in den Unterhalt seines Autobahnnetzes investiert. Neben der hohen Gefahr für die Nutzer führt das zu hohen volkswirtschaftlichen Folgekosten“, beklagt der BVMB-Vertreter. Für die betroffenen Firmen, die ihre Lkw jetzt weiträumig umleiten müssen und unter anderem für die Menschen entlang der völlig überlasteten Umleitungsstrecken sei das „eine Katastrophe“.
BVMB fordert Beschleunigung bei Genehmigungsverfahren
Gilka nimmt insoweit nun auch die neue Bundesregierung in die Pflicht. Im Koalitionsvertrag stehe, dass bei den Bundesfernstraßen ein stärkerer Fokus auf Erhalt und Sanierung mit besonderem Schwerpunkt auf Ingenieurbauwerke gelegt werde. „Wir hoffen und gehen davon aus, dass das nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt. Viel Zeit bleibt nicht“, fordert der BVMB-Hauptgeschäftsführer die Ampelkoalition zu einem „äußerst raschen und intensiven Handeln“ auf, um massive Schäden auch für die Wirtschaft verhindern zu können. In diesem Zusammenhang könne die neue Bundesregierung auch gleich zeigen, wie ernst es ihr mit der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren ist. Aktuell dauere der Neubau einer Brücke laut Autobahn GmbH des Bundes 8 bis10 Jahre von der Planung bis zur Fertigstellung. „Das würde die Katastrophe hier noch potenzieren“, warnt Gilka, „das muss deutlich schneller gehen.“
Der BauUnternehmer berichtet in der nächsten Ausgabe über die Brückensperrung
Erneut hat die dringend notwendige Untersuchung einer maroden Brücke in Deutschland dafür gesorgt, dass eine Autobahn komplett in beiden Richtungen gesperrt worden ist: Wegen Schäden an der 453 Meter langen Talbrücke Rahmede auf der A 45 zwischen Lüdenscheid-Nord und Lüdenscheid (Nordrhein-Westfalen) musste nach Auskunft der Autobahn GmbH der Verkehr auf der viel befahrenen Strecke zwischen Frankfurt/Main und Dortmund weiträumig umgeleitet worden. Der Nord-Südverkehr westlich über Köln ( A3) und östlich vom gesperrten Autobahnabschnitt über die A44/A7 (Kassel).
Weil sich die 1968 erbaute Autobahnbrücke wegen jahrelanger Überlastung bedenklich verformt hat, haben Experten die Tragfähigkeit der Talbrücke untersucht. Unter der Brücke werden derweil unter anderem mit Hilfe einer so genannten Magnetpulverprüfung Schweißnähte auf Risse überprüft. Für das aufwendige Verfahren muss zunächst der Korrosionsschutz über der Schweißnaht entfernt werden. Dann wird eine weiße Grundierung aufgesprüht, um anschließend das schwarze Magnetpulver, das sich durch ein elektromagnetisches Feld an einem möglichen Riss sammeln würde, gut sehen zu können. Neben der Magnetpulverprüfung haben die Experten zudem per Laser einen Brückenscan durchgeführt, um das Bauwerk auf weitere mögliche Verformungen zu untersuchen. „Alle Daten, die wir jetzt sammeln, müssen wir anschließend auswerten, um zu einer Entscheidung über das weitere Vorgehen zu kommen“, so Projektleiter Michael Neumann.
Die Talbrücke Rahmede ist nur eine von Tausenden maroden Autobahnbrücken in Deutschland, die sanieret oder komplett neu gebaut werden müssen. Nach der Notsperrung der abgesackten Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden im Sommer, hatte der Chef der bundeseigenen Autobahn GmbH, Stephan Krenz, noch während der Abbrucharbeiten eine Verdoppelung der notwendigen Fernstraßensanierungen von 200 auf 400 angekündigt. Ziel sei es, sowohl die Sicherheit als auch die Mobilität generell auf deutschen Autobahnen für den Wirtschafts- und Individualverkehr zu erhalten. Zudem forderte Krenz von der neuen Bundesregierung mehr Geld für Personal sowie eine Verkürzung der Genehmigungszeiten für die vielen dringend anstehenden Brückensanierungen.
Bild: Experten untersuchen die Verformungen auf der komplett gesperrten Talbrücke Ramede auf der A 45 (Foto: Autobahn GmbH)
von Jasch Zacharias
Erschienen in Ausgabe: online