Interview -
Die menschenleere Baustelle wird es (vorerst) nicht geben
Interview mit Christian Krauskopf, Geschäftsführer beim Baumaschinenhersteller Volvo CE
DBU/Ismaning/Berlin – Volvo Construction Equipment ist ein Top-Player der deutschen Baumaschinenbranche. Niemand produziert mehr Kettenbagger in Deutschland als das Unternehmen, das zur schwedischen Volvo-Gruppe gehört. Der BauUnternehmer hat Volvo Construction Equipment (Volvo CE) an seinem deutschen Hauptsitz im oberbayerischen Ismaning besucht und sprach mit Geschäftsführer Christian Krauskopf unter anderem über die Besonderheiten der diesjährigen bauma, über die Baumaschinentechnik der Zukunft und darüber, warum bestimmte Segmente des deutschen Baumaschinenmarktes leicht überhitzt sind.
Der BauUnternehmer (DBU): Herr Krauskopf, das zu Ende gehende Jahr ist ein bauma-Jahr. Hat die Messe Ihre Erwartungen erfüllt?
Christian Krauskopf: Wir waren hoch zufrieden mit der bauma. Eine phänomenale Messe.
Vom ersten Moment an herrschte auf unserem Stand ein großer Besucherandrang. Bereits kurz nach Messeeröffnung waren unser Stand und die DEMO-Show so gut besucht, wie das normalerweise erst Freitag, Samstag und Sonntag der Fall ist.
DBU: Es ist natürlich eine gute Sache, wenn viele Besucher auf ihren Stand kommen. Aber haben Sie auf der bauma auch wirklich Geschäfte abgeschlossen?
Christian Krauskopf: Natürlich haben wir auf der bauma Geschäfte abgeschlossen und zwar wahnsinnig viele. Wir sind sehr zufrieden. Darunter waren auch viele spontane Geschäfte, die nicht im Messevorfeld angebahnt wurden. Daher haben wir unsere Messeziele deutlich übertroffen.
Sogar die Top-Manager unserer Unternehmens-Gruppe, von denen wir jeden Tag welche am Stand hatten, haben Verkaufsgespräche geführt. Darunter auch Martin Lundstedt, CEO (Chief Executive Officer) der Volvo-Gruppe. Er war drei Tage auf unserem Stand anwesend und hat sich mit Kunden zu Verkaufsgesprächen zusammengesetzt.
DBU: Die Branche erhofft sich von der bauma immer einen Konjunkturschub, einen positiven Effekt auf die eigenen Umsatzzahlen. Gab es einen solchen bauma-Effekt in diesem Jahr?
Christian Krauskopf: Schon vor der bauma ist unser Geschäft in Deutschland sehr gut gelaufen. Grund ist der aktuelle Bauboom, den wir in Deutschland erleben.
Alle unsere Kunden schauen derzeit sehr, sehr positiv in die Zukunft. Die öffentliche Hand investiert in die Infrastruktur und auch die private Nachfrage nach Bauleistungen ist groß. Viele unserer Kunden berichten, dass ihre Bücher voll sind. Speziell in der Hochbau-Sparte trifft das sogar schon für das nächste Jahr zu. Der Bauboom überlagert den bauma-Effekt. Die beiden lassen sich nicht von einander abgrenzen. Aber sicherlich hat die bauma positiv auf den deutschen Baumaschinenmarkt gewirkt.
DBU: Bagger und Radlader werden häufiger im Tiefbau und Infrastrukturbau eingesetzt als im Hochbau. Wie kommt es, dass Volvo CE dennoch vom derzeitigen Hochbauboom profitiert?
Christian Krauskopf: Wir sind sehr stark in der Materialgewinnungsindustrie aktiv. Die ganzen Baumaterialien, die im Hochbau gebraucht werden, vom Verputz über Gipsplatten bis zum Bauholz, müssen produziert werden, und da sind unsere Maschinen im Einsatz.
Aber natürlich sind auch der Straßenbau und der Tiefbau für uns sehr wichtig. Und dort laufen die Geschäfte auch sehr gut. Denn aktuell werden in Deutschland viele Kilometer Straßen saniert oder neu gebaut. Die Infrastrukturziele der Regierung stimmen mich sehr positiv.
DBU: Nochmals kurz zurück zur bauma. Welche Ihrer Maschinen hat auf der Messe besonders viel Aufmerksamkeit der Besucher auf sich gezogen?
Christian Krauskopf: Hier gilt stets: je größer, umso besser. Die Reißer sind auf der bauma immer die großen Maschinen. Das erlebt jeder Hersteller immer wieder aufs Neue.
Entsprechend war unser 60-Tonnen-Knickgelenkter Dumper A60H nicht nur ein Highlight auf unserem Stand, die Maschine zählte zu den Topattraktionen der gesamten bauma.
Zudem haben wir auf unserem Stand die größten Kettenbagger gezeigt, die Volvo fertigt. Den EC950E und den EC750E. Natürlich waren auch diese Maschinen echte bauma-Highlights und stießen entsprechend auf ein wahnsinnig großes Besucherinteresse.
Auf der Messe haben wir auch die Markteinführung unseres neuen Kurzheck-Mobilbagger EWR150E gefeiert. Das Interesse an der Maschine ist bis heute riesig. Der EWR150E ist ein wahrer Verkaufsrenner.
DBU: Der knickgelenkte Dumper A60H ist eine riesige Maschine. Wie viele davon verkauft man in Deutschland pro Jahr?
Christian Krauskopf: Das ist schwer zu sagen. Der A60H ist neu und öffnet Volvo ein komplett neues Einsatzspektrum. Wir haben schon Maschinen verkauft, aber für eine aussagekräftige Prognose ist es noch zu früh.
DBU: Wie hat sich der deutsche Baumaschinenmarkt in diesem Jahr entwickelt?
Christian Krauskopf: Ich würde jetzt schon die Lage als ein bisschen überhitzt bezeichnen. Zum Stand Ende Oktober war der Gesamtmarkt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20 Prozent im Plus. Volvo CE folgt diesem Trend und wird sogar noch stärker zulegen als der Markt.
Speziell das BaggerSegment (Kompakt-, Ketten- und Mobilbagger), aber auch das Großradlader-Segment wächst in diesem Jahr enorm stark. Dahinter steckt zu einem großen Teil der Austausch großer Mietflotten, aber auch generell die bereits angesprochene sehr positive Stimmung in der Branche. So liegt der Markt für Kompaktmaschinen zum Beispiel zum Stand Ende Oktober 30 Prozent im Plus.
DBU: Und wie wird sich der deutsche Baumaschinenmarkt in den nächsten Jahren entwickeln? Wird der Bauboom anhalten?
Christian Krauskopf: Der Maschinenbestand in Deutschland ist ein sehr neuer Bestand. Wir können nicht jedes Jahr über 30.000 Maschinen in Deutschland verkaufen. In einem guten Jahr hat der deutsche Gesamtmarkt eine Größe von zirka 28.000 Maschinen. In diesem Jahr werden wir diese Größe deutlich übertreffen. Deshalb erwarten wir für das nächste Jahr einen leichten Marktrückgang.
DBU: Wie entwickeln sich Ihre Marktanteile im Groß- und Kompaktmaschinenbereich?
Christian Krauskopf: Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung unserer Marktanteile.
Für das laufende Jahr hatten wir uns das Ziel gesetzt, unseren Anteil bei Baggern zu erhöhen. Volvo CE ist mittlerweile der größte Kettenbaggerhersteller in Deutschland. Niemand produziert mehr Kettenbagger in Deutschland als Volvo CE. Und mit den Verkaufszahlen der Bagger sind wir auch sehr zufrieden.
DBU: Wagen wir mal den Blick in die Zukunft. Volvo hat in diesem Jahr schon Maschinen präsentiert, die autonom fahren können. Wohin wird diese Technologie die Bauwirtschaft führen?
Christian Krauskopf: Das autonome Fahren wird niemals dazu führen, dass Maschinenfahrer komplett wegrationalisiert werden. Volvo CE setzt auf autonomes Fahren vor allem in gefährlichen Umgebungen, wie zum Beispiel in Mienen und im Tunnelbau, wo Sprengungen erfolgen, oder in einem kontaminierten Umfeld. Also überall dort, wo die Sicherheit und die Gesundheit unseres Fahrers gefährdet ist, stellen autonom fahrende Maschinen eine sinnvolle Alternative dar.
In Tests haben wir bewiesen, dass die autonomen Maschinen schon jetzt etwa 70 Prozent der Leistung eines Fahrers erbringen können. Ob die Maschinen jemals das gesamte Leistungsspektrum eines Fahrers abdecken kann, halte ich für unwahrscheinlich. Überall wo Feingefühl und spezifisches Wissen gebraucht wird, etwa beim Abbruch, wird der Fahrer noch lange Zeit unersetzlich sein.
DBU: Wie wird eine autonom fahrende Maschine programmiert?
Christian Krauskopf: Es wird unterschiedliche Möglichkeiten geben. Einige Gräte werden sicherlich selbstlernende sein. Das gibt es ja jetzt schon zum Teil mit verschiedenen Hydraulikfunktionen, aber das ist erst der Anfang.
Die Maschinen verfügen aber auch über GPS-Navigationssystem und sind mit Überwachungssensoren ausgerüstet. Damit können sie auf Gefahrensituationen reagieren und bleiben zum Beispiel stehen, wenn eine Person auf die Fahrbahn läuft.
Eine weitere Programmiermöglichkeit wird darin bestehen, die Wege am Computer vorzuzeichnen. Die Maschine fährt dann die einprogrammierten Wege und Stationen einfach ab.
Die vollautomatisch arbeitenden Maschinen werden im Wesentlichen einfache Maschinen sein, die einfache Arbeitsschritte ausführen. Die menschenleere Baustelle wird es nicht geben. Vorerst.
DBU: Wo findet die Entwicklungsarbeit für die autonomen Maschinen statt?
Christian Krauskopf: Speziell für Radbagger und kompakte Radlader findet die Entwicklungsarbeit komplett hier in Deutschland statt, in unserem Werk im rheinland-pfälzischen Konz. Hierbei sind die Technische Universität Kaiserslautern und Aachen unsere wichtigsten Entwicklungspartner.
DBU: Herr Krauskopf, immer wichtiger für Baumaschinenkunden wird der After-Sales-Service, den ein Anbieter leistet. Wie ist Volvo CE hier positioniert?
Christian Krauskopf: Wir haben in Deutschland zwei große Vertriebs- und Servicepartner, die sehr professionell sind und mit denen wir sehr eng zusammenarbeiten: die Robert Aebi GmbH in Süddeutschland und die Swecon Baumaschinen GmbH mit ihren Händlerpartnern in der Mitte und im Norden.
Swecon und Robert Aebi investieren nachhaltig in die Zukunft. So verdichtet Swecon sein Niederlassungsnetz immer weiter. Gerade wird in Hamburg eine ganz neue Niederlassung errichtet. Und die Robert Aebi GmbH baut derzeit eine neue Konzernzentrale in Achstetten.
Einer der wichtigsten Vorteile, den unsere Händler besitzen, ist ihre Größe. Swecon beschäftigt zirka 650 Leute, Robert Aebi rund 250 Leute. Damit können beide Unternehmen unseren Kunden Serviceleistungen und Angebote bieten, die kleinere Händler nicht stemmen können.
Insgesamt stehen unseren Kunden in ganz Deutschland 67 Standorte zur Verfügung, wo sie kompetente Ansprechpartner für Service und Vertrieb vorfinden.
DBU: Bieten Sie Kaufinteressenten auch Finanzierungslösungen?
Christian Krauskopf: Diese bieten wir über unsere Schwestergesellschaft Volvo Financial Services (VFS) an, die völlig in unsere Arbeit integriert ist. Jeder unserer Außendienstmitarbeiter ist stets auf dem neusten Stand über die aktuellen Finanzierungsmöglichkeiten. Er kann im Außendienst, vor Ort, im Verkaufsgespräch verbindliche Finanzierungsangebote unterbreiten.
Ein hoher Anteil unserer Maschinenverkäufe ist mit einer Finanzierung verbunden. Da nehmen wir in Deutschland eine Führungsposition ein.
DBU: Wie schnell können Sie ihre Kunden mit nötigen Ersatzteilen versorgen?
Christian Krauskopf: Wenn ein Kunde bei uns vor 17 Uhr ein Ersatzteil anfordert, dann ist das Teil am nächsten Werktag im Lager der Händlers.
Volvo CE hat an sich selbst schon immer den Anspruch gestellt, innerhalb von 24 Stunden jedes Ersatzteil vor Ort zu haben. Und tatsächlich erfüllen wir diesen Anspruch auch in 98 Prozent der Fälle.
Dabei setzten wir auf unterschiedliche Verteilungssysteme. Neben unseren zwei Zentrallägern in belgischen Gent und im schwedischen Eskilstuna haben wir auch kleine Läger bei den Händlern.
DBU: Herr Krauskopf, letzte Frage. Welche Maschine ist aktuell ihre Lieblingsmaschine?
Christian Krauskopf: Sehr schwierig Frage, denn generell sind alle unsere Maschinen sehr gute Maschinen. Aber zurzeit liegt mir unsere neuen Bagger EWR150E besonders am Herzen. Auf diese sind wir wirklich stolz. Mit diesen Maschinen haben wir in diesem Bereich die Marktführerschaft in der Technologie und im Verbrauch inne. Das ist eine Top-Maschine und sie wird in Deutschland produziert. Das verbindet natürlich.
Herr Krauskopf, ich bedanke mich herzlich für das Gespräch.
Das Interview führte DBU-Redakteur Heiko Metzger.
Erschienen in Ausgabe: Dezember 2016/Januar 2017 | Seite 4