von Redaktion

"Es muss was passieren, sonst fährt das Land gegen die Wand!“

Studie bestätigt Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur - BVMB kritisiert Investitionsstau scharf

Rund 400 Milliarden Euro sind in den nächsten Jahren nötig, um die deutsche Infrastruktur einigermaßen in Schuss zu bringen. Eine Studie des Walter-Eucken-Instituts im Auftrag der Union Asset Management Holding AG (Union Investment) hat darüber hinaus festgestellt, dass unter anderem die staatlichen Investitionen in Straße, Schiene und Wasserstraße seit Langem bereits nicht mehr ausreichen, um auch nur den Bestand zu sichern.

„Wir könnten uns freuen, dass jetzt auch wissenschaftlich bestätigt ist, wovor wir schon seit Jahren warnen“, kommentiert Michael Gilka, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen  (BVMB), die Studie, „aber das ist ein Horrorergebnis für die deutsche Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.“ Der Verband appelliere schon lange an die Bundespolitik, endlich die Investitionen für die Infrastruktur in Deutschland deutlich anzuheben und ein langfristiges, überjähriges und vor allem haushaltsunabhängiges Finanzierungskonzept aufzustellen. „Aber es passiert nichts. Wir leben weiterhin politisch von der Hand in den Mund“, beklagt Gilka das anhaltende Zittern um Investitionsmittel in Straße, Schiene und Wasserstraße. Es gilt, ergebnisoffen ein Für und Wider eines offenen Infrastruktursondervermögens zu diskutieren und endlich die Scheuklappen abzulegen.

„Deutschlands Infrastruktur lebt fast nur noch von der Substanz"“

Wie ist tatsächlich der Zustand der Infrastruktur in Deutschland? Dieser Frage ist eine Studie des Walter-Eucken-Institut nachgegangen. Der renommierte Ökonom Prof. Lars Feld, der auch Bundesfinanzminister Lindner berät, hat den Zustand der deutschen Infrastruktur untersucht. Er ermittelte wissenschaftlich das Bild, das nicht nur die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen auch auf dem Schirm hat: Sanierungsbedürftige Straßen und Schienenwege, Tausende marode Brücken im Verkehrsnetz, Funklöcher bei der Mobilfunkversorgung: „Deutschlands Infrastruktur lebt fast nur noch von der Substanz“, fasst der Wirtschaftsprofessor der Universität Freiburg zusammen. Er schätzt auf Basis von Angaben des Bundesverkehrsministeriums den Investitionsbedarf allein für die Bundesfernstraßen und Autobahnen für die Jahre 2025 bis 2028 auf über 57 Milliarden Euro. Um nur das bestehende Schienennetz in Deutschland in Schuss zu halten, wären bis ins Jahr 2027 weitere rund 63 Milliarden Euro nötig. Weitere 272 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf sieht Feld mittelfristig für die Energieinfrastruktur wie für den Bau für On- und Offshore-Windanlagen, um die gewünschte Energiewende schaffen zu können.

Offenes Infrastruktur Sondervermögen als  Alternative?

„Wenn die Politik nicht endlich die vielen Alarmzeichen erkennt und vor allem endlich mal handelt, wird das zu einem Chaos führen, das unter anderem die Wirtschaft unseres Landes abhängen wird und das die Versorgung der Bürger mittel- und langfristig massiv beeinträchtigen wird“, prognostiziert BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka. Der Verband fordert seit langem alternative Finanzierungsmodelle, „nachdem der Staat das erkennbar nicht auf die Reihe bekommt“. Die regt auch die Freiburger Studie an – so etwa die Einbindung privater Investoren in einen Infrastrukturfonds und die Gründung einer Netzinfrastrukturgesellschaft, die staatliche Beteiligungen an Übertragungsnetzbetreibern bündelt, in die dann Geldgeber investieren können. Die BVMB begrüßt das laut Gilka, sieht aber gleichzeitig auch Risiken, auf die Prof. Feld in der Studie ebenfalls eingeht.

Der Verband rege schon seit Jahren eine weitere Aufstellung der Finanzierung über solche Fonds an, um Kapital für dringend nötige Sanierungen und den Ausbau der Infrastruktur zu generieren. „Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, das private Kapitalgeber Renditeerwartungen hegen. Bei seit Jahren in der Kritik stehenden ÖPP-Projekten trifft das ebenfalls zu, auch dort haben wir auf die fehlende Wirtschaftlichkeit hingewiesen“, so Gilka weiter.

Ausländische private Geldgeber als Risiko

Stehen Reparaturen oder Ersatzinvestitionen an könnten diese nicht erfolgen, weil man Ausschüttungen und damit die genuinen Erwartungen der Geldgeber nicht enttäuschen möchte und auch nicht enttäuschen darf, weil diese sonst ihr Geld in Zukunft abziehen. Damit eng verknüpft ist also die Frage, wer Geld nachschießt, wenn sich alle aus der Verantwortung ziehen. Diese und weitere Punkte wie der Einkauf ausländische Geldgeber in „kritische Infrastruktur“ sehen die Studienautoren ebenfalls als externe Risikofaktoren an. Dennoch ist für den BVMB-Chef klar: „So oder so: Es muss endlich was passieren, sonst fährt die Bundespolitik das Land mit Ansage gegen die Wand!“ Je länger die Politik im Ergebnis nur zuschaue, desto maroder werde die Infrastruktur im Land und desto mehr koste es, sie wieder in Schuss zu bringen.

   Bild: Der Neubau der maroden Salzbachtalbrücke auf der A 66 bei Wiesbaden ist derzeit ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das von der Autobahn GmbH realisiert wird.  (Foto: Autobahn GmbH

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: online

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