von Redaktion
Gewaltige Massenbewegungen an der A 3 verlangen „Leo“ alles ab
90-Tonnen-Cat-Kettenbagger ist eines der Schlüsselgeräte beim sechsstreifigen Ausbau zwischen Kauppenbrücke und der Anschlussstelle Rohrbrunn
Die neue Trasse rückt bei Weibersbrunn deutlich nach Süden ab. Dazu muss ein bis zu 30 m tiefer Einschnitt in das Gelände gegraben werden. Eine besondere Rolle spielt dabei die Großkatze: „Leopard“ – dieser Name prangt auf dem 90-t-Bagger mit besonderem Branding, bevor er seinen Einsatz nach ordnungsgemäßer Taufe und Spatenstich am 12. April 2013 aufnahm.
Das familiengeführte Bauunternehmen aus Satteldorf suchte im Vorfeld der Bauarbeiten auf Facebook nach einem Namen für das Kraftpaket. 300 Vorschläge gingen ein – drei schafften es in die engere Auswahl, der Sieger wurde mit einem Cat-Baumaschinenmodell belohnt. Am Ende kürte ein Gremium den Leoparden, in der Kurzform Leo, der nicht nur Assoziationen mit dem Firmennamen Leonhard Weiss wecken soll, sondern auch noch an eine starke Raubkatze erinnert. So wie ein Leopard ungeheure Kräfte mobilisieren kann, so muss auch die Baumaschine eine gewaltige Hydraulikleistung abrufen können. Denn was von ihr besonders gefordert wird, ist Produktivität auf höchstem Niveau.
Die Baumaschine mit einer Motorleistung von 390 kW (530 PS) ist eines der Schlüsselgeräte bei diesem Autobahn-Ausbau und eines der Zugpferde unter den Geräten auf der Baustelle.
„Ohne den Bagger hätten wir ein riesiges Problem bei der Massenbewegung. Alle schwärmen auf der Baustelle von Leo. Es war die richtige unternehmerische Entscheidung für diese Investition. Wir mussten uns zu einer Zeit festlegen, als noch gar nicht feststand, ob wir den Auftrag überhaupt an Land ziehen“, meint Simon Weilnhammer, Bereichsleiter Straßenbau aus Bad Mergentheim. Schließlich hat ein Gerät in dieser Größenklasse auch entsprechende Lieferzeiten und musste für den Job ausgerüstet werden.
Mit 590 kN Zugkraft und einer Reißkraft von 325 kN geht es hart zu Sache. Der Bagger brachte es in kurzer Zeit auf 1.300 Einsatzstunden. Doch wegen der teils vorhandenen Druckfestigkeiten und Felsklüfte kommt die Baumaschine an ihre Grenzen, immer wenn das Gerät in Bereichen der Bodenklasse sieben agiert, die als mechanisch nicht mehr lösbar gilt.
„Wir sprechen hier dann von einaxialen Druckfestigkeiten von zirka 40 N/qmm“, weist Bauleiter Patrick Bergelt hin. Dann hilft nur noch Dynamit – Sprengungen sind der letzte Ausweg. Doch genau diese wollte Leonhard Weiss möglichst vermeiden und suchte früh nach einer praktikablen Alternative, für die sich das Unternehmen an die Zeppelin-Niederlassung Böblingen wandte.
Dort nahmen sich die Mitarbeiter wie Martin Wurst und Joachim Fuchs der Sache an. Sie gingen in Vorleistung und gaben eine geologische Untersuchung in Auftrag. Stefan Oppermann von der Abteilung Projekt- und Einsatzberatung verschaffte sich vor Ort Klarheit über die geologische Situation. „Die gewonnenen Erkenntnisse und die Erfahrungen aus anderen vergleichbaren Einsätzen der letzten 20 Jahre, waren die Grundlage für das Zusammenstellen eines passenden Gerätemixes für diese Baustelle“, sagt Zeppelin-Niederlassungsleiter Thomas Böger.
Das Ergebnis ist ein Großbagger mit flach aufbauendem Schnellwechselsystem, sodass der Fahrer mit entsprechenden Anbaugeräten dem Sandstein Herr werden kann. Darum wurde der Bagger mit einem Reißzahn bestückt, um den Sandstein zu lockern. Mit einem 5,2 m³ großen Löffel wird dieser mit vier Ladespielen auf Dumper vom Typ Cat 730 verladen.
Ein Novum für den 90-Tonner: Er nutzt ein vollhydraulisches Schnellwechselsystem, um Reißzahn und Löffel zügig gegeneinander auszutauschen. Im verschleißintensiven Einsatz sind die Zahnspitzen des Grabgefäßes besonderen Belastungen ausgesetzt. Um sie möglichst lange einsetzen zu können, werden sie alle 300 Betriebsstunden gewechselt. Selbst an den Wechselvorgang wurde gedacht: Man muss nur eine Kugelbefestigung lösen und schon liegen die Zähne frei.
Sind die Felsbrocken jedoch eine Nummer zu groß, kommen 30-t-Bagger mit Hydraulikmeißeln ins Spiel, um den Fels auf Einbaugröße zu zerkleinern. Dumper bringen das Material dann beispielsweise zur Talbrücke Aschafftal, wo es als Vorschüttung für die Widerlager der späteren Talbrücke dient. Nach dem Abladen greifen Raupen ein, die das Material verteilen. Zudem sind zwei Prototypen einer speziellen Walze im Einsatz, an deren Bandage kleine Felsmeißel wie Spikes angebracht sind, die sich über Vibration in den Stein bohren, ihn aufbrechen und für die Zerkleinerung sorgen.
„Was wir hier im Autobahnbau und in der Erdbewegung leisten, ist zweifelsfrei von höchstem Niveau. Das vorherige Los war schon anspruchsvoll und auch danach ist es nicht einfach. Aber es gibt an der A 3 kaum ein Los, das so schwierig ist wie dieses“, beschreibt Projektleiter Ralf Roch die Einsatzbedingungen.
Das liegt nicht nur an den 500.000 m³ Fels in bis zu 25 m Tiefe. Die Arge-Partner haben es hier auch mit veränderlich festen Gesteinen zu tun. „Sobald das Gestein gelöst wird, verändert es die Form und wird zu Sand. Entweder ist es hier staubtrocken oder es schmiert“, so der Projektleiter. Bei Regen sind die Bautrassen kaum noch befahrbar.
Damit nicht genug – eine weitere Schwierigkeit besteht am Anfang des Kauppenaufstiegs. Dort gibt es einen Hang, 17 Grad geneigt, der jederzeit wegen seiner Geologie und aufgrund sogenannter hangparalleler Gleitschichten abrutschen kann. Im Volksmund heißt es „Wilder Fels“. An dieser Stelle müssen 900.000 m³ Masse bewegt werden, um den Höhenunterschied von alter und neuer Autobahn auszugleichen.
Schon vor den Erdarbeiten wurde die bestehende Autobahn mit einem Berliner Verbau gesichert. Fahren nun die Baumaschinen in den Hang hinein, steht ein Geologe zur Seite, der die Arbeiten beobachtet und darauf achtet, ob sich Risse bilden, die einen Hangrutsch ankündigen. Zur weiteren Sicherheit wird mit Vermessungstechnik jede kleinste Veränderung registriert. Schließlich geht es um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und der Mitarbeiter, die dort u. a. 14 m hohe bewehrte Erden einbauen. Notfallpläne sind vorsorglich ausgearbeitet. Falls nötig, wird die Autobahn gesperrt.
Eine weitere Besonderheit: 350.000 m³ an Erdmassen müssen nach dem Ausbau erst einmal zwischengelagert werden. Dafür wurden Deponien angelegt. Die Erdmassen dienen später u. a. dem Lärmschutz von Weibersbrunn. Doch wegen der bestehenden Autobahn können sie erst später aufgebracht werden. Als die Fahrspuren in den 1950er-Jahren errichtet wurden, sah die Planung vor, ein vorhandenes Tal aufzuschütten.
„Nun hat man festgestellt, dass sich der Luftstrom Richtung Weibersbrunn geändert hat. Das Schließen des Tales hatte Folgen für den Wildwechsel und das Klima. Das soll sich ändern“, so Bergelt.
Die Konsequenz: Das Tal muss wieder geöffnet werden. Dazu müssen 210.000 m³ Erdmaterial aus dem Tal herausgeschafft werden. Welche Summen hier bewegt werden, wird anhand eines Vergleichs deutlich: Für die Südumgehung in Bad Mergentheim, eine der größeren Einzelmaßnahmen in Baden-Württemberg, waren 120.000 m³ Erdbewegung erforderlich. An der A 3 ist es das 14-fache davon. Über 60 Mio. Euro lässt sich die Bundesrepublik, vertreten durch den Freistaat Bayern und die Autobahndirektion Nordbayern, den Ausbau kosten.
Rund ein Fünftel der Kosten macht alleine der Erdbau aus. Die übrigen Kosten verursacht der Oberbau, die Frostschutzschicht von 150.000 m³, der Asphalteinbau von 260.000 m³ und das Verlegen von Rohrleitungen auf einer Länge von 40.000 m. Hinzu kommen noch sechs Brücken, die parallel von den Firmen Max Bögl, Berger Bau, Streicher und Hörnig errichtet werden. Zur Maßnahme gehören ferner eine Grünbrücke für den Wildwechsel und eine Überführung für die Staatsstraße 2308. Die Anschlussstelle Weibersbrunn wird umgebaut. Bestehende Bauwerke müssen abgebrochen werden, und es gilt ein Regenrückhaltebecken in Stahlbeton zu errichten. Die Lärmbelastung der Gemeinde Weibersbrunn soll durch ein Abrücken der Trasse und den Bau eines Lärmschutzwalls verringert werden.
Der Neubau der A 3, die Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre als vierstreifige Autobahn durch den Spessart und Steigerwald gebaut wurde, ist aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens erforderlich, das sich von Jahr zu Jahr erhöht. 2013 beträgt es über 62.000 Fahrzeuge am Tag. Neueste Prognosen gehen ab 2020 von rund 76.000 Fahrzeugen aus, die Richtung Frankfurt bzw. Nürnberg rollen. Staus und vermehrte Unfälle sind an der Tagesordnung. Doch nicht nur die immer größere Blechlawine rechtfertigt die Bauarbeiten an der A 3, die Bestandteil des transeuropäischen Verkehrsnetzes ist und die Beneluxstaaten mit Südeuropa und Bayern mit den Zentren am Rhein verbindet. Die alte Fahrbahn wies enge Radien, große Steigungen und eine geringe Sichtweite auf. Deswegen sind alleine 120.000 m³ Massenbewegung erforderlich, um durch das Abflachen der engen Kurven die Strecke zu begradigen.
Lange vor der Angebotsabgabe am 28. September 2012 war die Bietergemeinschaft Leonhard Weiss und Gebrüder Stolz mit den Vorbereitungen beschäftigt. Alleine der gedruckte Bauvertrag samt Vorbemerkung und Leistungsverzeichnis ist rund 10 cm dick. Als die Auftragsvergabe am 11. Februar 2013 erfolgte, musste es Schlag auf Schlag gehen, um die Baustelle einzurichten und Equipment heranzuschaffen. Im Durchschnitt hat die Arge bis zu 15 Bagger, fünf Raupen, 14 Dumper, darunter drei neue Cat 730, sowie 14 Einbauwalzen im Einsatz. Den Maschinen stehen rund 65 Mitarbeiter von Leonhard Weiss zur Seite. Wenn in diesem Jahr die Streckenarbeiten fortgeführt werden, wächst der Personaleinsatz noch einmal auf 200 Mitarbeiter.
„Typisch für unsere Firmenkultur und unser Erfolgsrezept ist eine ruhige Führung“, erklärt Simon Weilnhammer. Ihn unterstützen Projektleiter Ralf Roch, Bauleiter Patrick Bergelt, Vermesser Daniel Lechner, Kaufmann Klaus Disam und Oberpolier Markus Landwehr mit seiner Mannschaft. Dieselbe Personalstruktur liefert auch der Arge-Partner, die Firma Gebrüder Stolz, mit dem Bauleiter Matthias Pfleger, Vermesser Michael Seidlitz, Kaufmann André Reinisch und Oberpolier Bernd Vorndran.
Das Team von Leonhard Weiss hat nicht nur an der A 3 gut zu tun – ein weiterer Auftrag liegt 15 km entfernt. Für den 925 m langen Schwarzkopftunnel auf der Strecke Hanau – Nantenbach zwischen Laufach und Heigenbrücken muss bis 2017 eine rund 7 km lange Umfahrungsspange mit vier neuen Tunneln gebaut werden. Wieder ist das Bauunternehmen Teil der Arge, die für die Deutsche Bahn für 226 Mio. Euro die Bauleistung für die Umfahrung des Schwarzkopftunnels erbringt.
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