Krane - von Redaktion
Härtetest für Kantenschutz – wenn ein Kran einen Kran hebt
Schwertransport-Spezialist Franz Plum und SpanSet im Schulterschluss
Übach-Palenberg – Einen Autokran mit Hilfe eines weiteren Autokranes in eine Baugrube hinein und wieder heraus zu heben, ist keine alltägliche Aufgabenstellung. Der Alsdorfer Franz Plum GmbH & Co. KG gelang das schwierige Manöver dank tatkräftiger Unterstützung der SpanSet GmbH & Co. KG, Übach-Palenberg, die neben ihrem Know-how auch die für die Aufgabe bestens geeigneten MagnumPlus-Rundschlingen sowie den Kantenschutz NoCut pad beisteuerten.
Würselen, Mitte Juni 2015: eine Baustelle in der Ankerstraße. Die Arbeiten an der Tiefgarage des im Bau befindlichen Mehrfamilienhauses sind in vollem Gang. Als nächster Arbeitsschritt steht an, auf der Bodenplatte des Gebäudes 4,5 Tonnen schwere Kellerhohlwände aufzusetzen. Aber wie und womit?
Das hohe Gewicht der Bauteile verlangt nach einem Kran, doch den Hebevorgang von der Straße aus durchzuführen, ist aufgrund der räumlichen Verhältnisse und der damit verbundenen Verkehrsbehinderungen unmöglich.
Beim auf Schwertransporte und andere schwierige Aufgaben spezialisierten Unternehmen Franz Plum GmbH & Co. KG (Alsdorf) hat man eine Idee: Ein Autokran – ein Liebherr LTM1030 mit einem Gewicht von 23,8 Tonnen und einer Tragfähigkeit von 30 Tonnen – soll mit Hilfe eines größeren Autokranes (Liebherr LTM1130 mit einer Tragfähigkeit von 130 Tonnen) in die Baustelle hinab gelassen und später wieder herausgeholt werden.
Kran hebt Kran – solche Aufgabenstellungen kommen immer wieder mal vor, führen aber nicht selten zu Problemen. Bei derartigen Konstellationen gilt es, eine Vielzahl von Parametern zu berücksichtigen: Gewicht des Krans, Untergrund, Standfestigkeit, Gleichgewicht, Umfeld und vieles mehr.
Bei den Anschlagmitteln ist schnell klar, dass praktisch nur textile Rundschlingen für den Hebevorgang infrage kommen. Bei Drahtseilen oder Ketten ist die Gefahr viel zu groß, den Autokran zu beschädigen.
Die Rundschlingen sollen um die ausfahrbaren Schiebeholme des Kranes gelegt werden. Allerdings weisen diese Schiebeholme sehr scharfe Kanten auf, an denen die Rundschlingen beschädigt werden könnten.
Das Equipment für den Hebevorgang wird deshalb zusammen mit einem Spezialisten für solche Aufgaben zusammengestellt. Jörg Scheilen, Anwendungstechniker der SpanSet GmbH & Co. KG (Übach-Palenberg) empfiehlt unter Berücksichtigung aller Parameter für den Hebevorgang „vier MagnumPlus-Rundschlingen mit einer Tragfähigkeit von jeweils 25.000 Kilogramm, die wiederum durch vierlagige NoCut pads vor den scharfen Kanten der Schiebeholme geschützt werden“. Die 1,50 Meter langen NoCut pads werden an der Innenseite der MagnumPlus befestigt, wo sie die Rundschlinge zuverlässig vor den scharfen Kanten schützen können.
Die anschließenden Hebevorgänge – obwohl gewiss kein Kinderspiel – laufen zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten problemlos ab. Hier machen sich Feingefühl und Erfahrung des Kranführers von Plum bemerkbar.
Mit Blick auf die demontierten NoCut pads urteilt Toni Gottschalk: „Unglaublich, was diese „Knieschoner“ aushalten – das hätte ich nicht für möglich gehalten.“ Denn die Schnittschutzprodukte weisen selbst nach einer solch harten Belastung wie im vorliegenden Einsatzfall zwar leichte Eindrücke und Farbabrieb auf, aber keinerlei Beschädigungen. Und die Rundschlingen sind natürlich auch wie neu. Auch der Kran selbst weist keine Spuren oder gar Beschädigungen durch das Anschlagmittel auf, wie es etwa beim Gebrauch von Ketten hätte passieren können.
Die Verantwortlichen bei Plum sind von den Schnittschutzprodukten jedenfalls so überzeugt, dass sie bei ähnlichen Hebevorgängen auch zukünftig auf NoCut pad setzen wollen.
Scharfe Kanten werden oft nicht erkannt
„Scharfe Kanten sind eine der Hauptursachen für Schäden an Anschlagmitteln und für dadurch verursachte Unfälle“, betont Werner Glasen. Der Leiter Produktmanagement und Marketing bei SpanSet weiß aber auch, „dass in der täglichen Praxis eine scharfe Kante häufig gar nicht als solche erkannt wird, weil sie als rund und unscharf angesehen wird“.
Nach Definition der Berufsgenossenschaften liegt eine scharfe Kante nämlich dann vor, wenn der Kantenradius an der Last kleiner ist als die Dicke des Anschlagmittels.
Besonders gefährdet ist das Anschlagmittel bei Bewegungen quer zur scharfen Kante: Vergleichbar mit der Klinge eines Messers kann die scharfe Kante ein ungeschütztes Anschlagmittel durch die schneidende Bewegung im schlimmsten Fall durchtrennen. Es ist deshalb immer zu beachten, dass das Anschlagmittel fest an der Last positioniert ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt beim Heben scharfkantiger Lasten ist die Flächenpressung, die die Last auf das Anschlagmittel ausübt. „Eine zu hohe Flächenpressung allein kann schon ausreichen, um das Anschlagmittel zu durchtrennen“, erläutert Jörg Scheilen. Sie ist umso geringer, ....
• je breiter die Auflagefläche ist,
• je größer der Kantenradius des Bauteils ist und
• je dicker der Schutz zwischen Bauteil und Anschlagmittel ist.
Daher empfiehlt es sich, vor jedem Hebevorgang die technischen Dokumentationen zu den Anschlagmitteln zu studieren und die Radien an der Last zu messen: „Dabei ist auch zu beachten, dass bei einem um die Last gelegten Anschlagmittel je nach Geometrie nicht nur zwei, sondern vier Kontaktpunkte und mehr vorhanden sein können“
Um Gefahren durch scharfe Kanten zu vermeiden, sind verschiedene Strategien möglich:
• Eine besteht darin, potentiell scharfkantige Maschinenbauteile so zu planen, dass scharfe Kanten durch montier- und demontierbare Anschlagpunkte an der Last umgangen werden.
• Lasten mit robuster Oberfläche und schneidenden Kanten, bei denen Kratzer und Einkerbungen keine große Rolle spielen, können durch Greifer versetzt oder mit Ketten gehoben werden.
• Textile Anschlagmittel wie Hebebänder oder Rundschlingen sind für empfindliche Bauteile sehr gut geeignet. Aber sie müssen vor Beschädigungen durch scharfe Kanten geschützt werden. Das geschieht mit Schnittschutzprodukten aus Polyurethan-Elastomeren oder Polyethylen-Hochleistungsfasern.
Die von SpanSet entwickelten NoCut-Schutzschläuche und die hier angesprochenen NoCut pads bestehen aus textilen Spezialgeweben mit besonders hoher Schnitt- und Abriebfestigkeit. Sie lassen sich einfach und ohne Spezialwerkzeuge auf das Anschlagmittel aufbringen.
Die Wahl zwischen den beiden Produkten hängt dabei von der geplanten Anwendung ab.
Der NoCut sleeve-Schutzschlauch wird vor dem Hebevorgang auf das Anschlagmittel aufgezogen. Er ermöglicht beim Heben die ausgleichende Bewegung des Anschlagmittels, zum Beispiel beim Wenden von Coils.
NoCut pad dagegen kann schnell angebracht und umgerüstet werden – selbst wenn das Anschlagmittel bereits am Kranhaken hängt. Es wird genau dort am Anschlagmittel befestigt, wo beim Heben die scharfe Kante anliegt, wie hier an den Schiebeholmen des Krans.
Das NoCut pad kann sowohl mit zwei als auch mit vier Gewebelagen zwischen der Last und dem textilen Anschlagmittel positioniert werden. Der Kantenradius wird dadurch so vergrößert, dass die Kante für das Anschlagmittel nicht mehr scharf ist und die Hebekräfte von der Kante abgeleitet werden. Speziell die vierlagige Version des NoCut pad erreicht ein extrem hohes Schnittschutzniveau und macht selbst schärfste Kanten beherrschbar.
Um die Praxistauglichkeit von NoCut realitätsnah zu testen, hat SpanSet in der Entwicklungsphase der Produkte eine spezielle Prüfanlage gebaut, mit der die Schnitteinwirkung unter Nennlast getestet wird. Die Schutzwirkung von NoCut wurde an vielen unterschiedlich scharfen Kanten ermittelt und durch die DEKRA zertifiziert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse helfen heute, die jeweils richtige Lösung zu finden - auch für spezielle Anwendungen.
Damit scharfe Kanten ihr Gefahrenpotenzial verlieren, bietet SpanSet seinen Kunden ein umfangreiches Serviceangebot. Es umfasst:
• Die „10 Gebote für das Heben scharfkantiger Lasten“, ein Leitfaden für den Anwender
• Broschüre und Poster mit Richtlinien und Gesetzen, Definitionen, Übersichten und praktischen Tipps
• die App „Heben-Rechner“
• Beratungen und Schulungen
• den Online-„Produkt-Finder“.
Der Produkt-Finder auf der Website des Unternehmens macht die Auswahl des richtigen Kantenschutzes einfach: Der Anwender kann hier Anschlagmittel, Tragfähigkeit, Nutzlänge des Anschlagmittels, Kantenradius der Last und Anbringungsart in einem Drop-Down-Menu selbst festlegen. Danach werden ihm die dafür passenden Produkte angezeigt.
Durch langjährige Erfahrung, hauseigene Testverfahren und Prüfeinrichtungen sowie Vor-Ort-Einsätze verfügt SpanSet über ein fundiertes Wissen im Umgang mit scharfen Kanten. Mit Beratung der Anwendungstechniker können beim Hebevorgang nahezu alle „Problemfälle“ gelöst werden – auch wenn ein Kran einen Kran heben soll.
von Redaktion
Erschienen in Ausgabe: Oktober 2015 | Seite 31