Interview -
Ökologische Dämmung mit dem Anspruch der Qualitätsführerschaft
Interview mit Inthermo-Geschäftsführer Diplom-Holzbauingenieur Stefan Berbner
DBU/München/Berlin – Inthermo, ein Unternehmen der DAW-Gruppe (Deutsche Amphibolin Werke SE), entwickelt und vertreibt nachhaltige, ökologische Dämmstoffsysteme vorrangig für den Holzbau. Das Unternehmen versteht sich als Systemanbieter und liefert sämtliche Putz- und Zubehörprodukte, die für das Inthermo-Wärmedämmverbundsystem nötig sind. Der BauUnternehmer sprach mit Inthermo-Geschäftsführer Stefan Berbner auf der Fachmesse BAU in München. Berbner, Zimmermann und Diplom-Holzbauingenieur, führt Inthermo seit eineinhalb Jahren und ist zugleich Vertriebsleiter des mittelständischen Bauzulieferers, der seinen Sitz im hessischen Ober-Ramstadt bei Darmstadt hat.
Der BauUnternehmer (DBU): Herr Berbner, wie sind die Geschäfte in den vergangenen Jahren gelaufen?
Stefan Berbner: Das Jahr 2013 war ein sehr erfolgreiches Jahr für Inthermo. Die guten Ergebnisse der Vorjahre konnten wir deutlich toppen; der stetige Umsatzsteigerungstrend hielt bis Ende 2013.
2014 sah die Situation ganz anders aus. Dieses Jahr war nicht so einfach. Zum einen blieb die Nachfrageentwicklung 2014 deutlich hinter der Entwicklung der Vorjahre zurück, zum anderen kam es aufgrund erheblicher Kapazitätsüberschüsse bei Holzfaserdämmplatten zu einem Verfall des Marktpreises. In dieser sehr angespannten Marktsituation haben wir es geschafft, unsere Position zu halten.
DBU: Gibt es Signale für eine weitere Wettbewerbsverschärfung?
Stefan Berbner: Es ist nicht auszuschließen, dass sich der Wettbewerb weiter verschärfen wird - die vorhandenen Überkapazitäten sind einfach zu groß. Es könnte sogar sein, dass in diesem Jahr ein Unternehmen der Holzfaserdämmstoffindustrie wegen des starken Wettbewerbsdrucks ausscheiden wird. Das könnte ggf. zu einer Beruhigung des Marktes führen. Allerdings rechnen wir nicht mit diesem Szenario.
Wir erwarten für 2015 einen ähnlich harten Wettbewerb wie 2014. Zumal wir davon ausgehen, dass die Neubauzahlen im Ein- und Zweifamilienhausbau nicht steigen werden - eine signifikante Ausweitung der Nachfrage also ausbleiben wird. Doch aufgrund der Baustoffklassifizierungen unserer Produkte und Lösungen sind wir deutlich stärker von der Entwicklung im Ein- und Zweifamilienhausbau abhängig als von der im Geschosswohnungsbau.
DBU: Mit welcher Strategie will sich Inthermo vom Wettbewerbsdruck freirudern?
Stefan Berbner: Um aus der Preisspirale herauszukommen, werden wir die Bereiche Service, Know-how und Beratung noch weiter ausbauen. Unseres Erachtens sind das die Kennzeichen einer Marktführerschaft - und wir verstehen uns als technologischen Marktführer im Bereich ökologsicher Wärmedämmverbundsysteme (WDVS).
DBU: Bei Dämmsystemen mit Holzfasern spielen auch immer Brandschutz-Fragen eine große Rolle. Gibt es hier neue Entwicklungen?
Stefan Berbner: Im März 2014 wurden alle Brandschutzprüfzeugnisse in der ganzen Baubranche gekappt. Seither wird nur noch das zertifiziert, was auch wirklich geprüft wurde. Bisher gab es die Möglichkeit, bestandene Prüfungen aufgrund bestimmter Erfahrungen der Prüfanstalten auszuweiten. Das ist nun untersagt. Jetzt gibt es für jede Prüfung nur noch ein Brandschutzprüfzeugnis.
Auf diese veränderte Situation haben wir sofort reagiert, indem wir fünf Prüfungen nachgelegt haben. Und für jede dieser Prüfungen haben wir ein neues Brandschutzprüfzeugnis erhalten: Eine der fünf geprüften Konstruktionen erhielt die Brandschutzklassifikation F60B, die vier übrigen die Klassifikation F90B. Damit sind wir in Sachen Brandschutz wieder annähernd so gut aufgestellt wie vor der Änderung des Reglements. Aber natürlich werden wir an diesen fünf Konstruktionen noch weiter arbeiten, sie noch weiter verfeinern und weiter ausbauen.
DBU: Wie ist Inthermo mit seinen Produkten im Mehrfamilienhausbau aufgebaut?
Stefan Berbner: Bislang dürfen wir aufgrund der B2-Klassifizierungen nur bis zur Gebäudeklasse 3 arbeiten - für die Mehrgeschossbauten, das ist Gebäudeklasse 4, braucht es eine B1-Klassifizierung, die die ökologischen Dämmstoffe heute aber leider noch nicht erreichen.
Die B1-Prüfvorschriften schreiben vor, dass das Dämmmaterial nicht glimmen darf - und Holzfaserdämmplatten glimmen eben.
Dieses Glimmen sehe ich eigentlich als Vorteil an. Denn bei einem Material, das nur glimmt, kommt es nur zu einem sehr langsamen Ausbreiten des Brandes - ganz anders als bei einem Material, das lichterloh brennen kann.
Ja, das Glimmen ist für die B1-Klassifizierung tatsächlich ein Ausschlusskriterium. Das ist paradox und nicht nachvollziehbar, aber es ist so.
Wir sehen darin eine Herausforderung. Wir bemühen uns, die Holzfaserplatten weiter zu ertüchtigen, die Rezepturen zu ändern und Mittel zu finden, die das Glimmen verringern oder völlig ausschalten.
Sicherlich ist das noch eine riesige Entwicklungsaufgabe. Aber wir arbeiten daran. B1 ist ein erklärtes Ziel von uns.
DBU: Wären Sie bereit, für die B1-Klassifizierung bei der ökologischen Ausrichtung Ihrer Produkte Abstriche hinzunehmen?
Stefan Berbner: Wir werden wohl nicht drum herumkommen, entsprechende Flammschutzmittel hinzuzugeben, die dem Ökologie-Puristen vielleicht zuwider sind. Aber den Holzbauunternehmen, die in den Mehrgeschossbau hineinwollen, ist eine modifizierte Holzfaserplatte gewiss viel lieber als zum Beispiel Mineralwolle.
Wir werden bei der Kundenansprache nicht den ökologischen Pfad verlassen, sondern wir werden eine neue Lösung bieten, auf die sich viele stürzen werden. Der mehrgeschossige Holzbau hat Zukunft, und wir werden dafür die passenden Produkte anbieten können.
DBU: Caparol, wie Inthermo eine Tochterunternehmen der DAW SE, bietet Dämmplatten aus Hanf - aber sonst eher konventionelle Lösungen. Würde das Produkt nicht besser ins das Sortiment von Inthermo passen?
Stefan Berbner: Der Grund dafür liegt im Vertrieb. Caparol beschäftigt sich viel mit der Sanierung im Bestand und war auf der Suche nach einer ökologischen Lösung für diesen Bereich. Da boten sich die Hanfplatten an, da die Platten aus Hanf in diesem Bereich die heute gestellten Forderungen erfüllen.
Inthermo ist hingegen hauptsächlich im Holzbau aktiv. Die hier gestellten Anforderungen erfüllen Hanfplatten leider noch nicht; sie sind noch nicht ausreichend druckfest und biegesteif. Aber auch hier werden wir noch Entwicklungsarbeit leisten. Die DAW (Deutsche Amphibolin Werke SE) investiert in dieses Thema - sowohl in die Weiterentwicklung als auch in die Produktion der Hanfplatten. Das ist eine wegweisende Entscheidung. Die DAW kauft nämlich kein externes Know-how ein, sondern betreibt eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit.
DBU: Warum setzt man gerade auf den Werkstoff Hanf? Was zeichnet Hanf aus?
Stefan Berbner: Der größte Vorteil ist seine Wachstumsgeschwindigkeit: Hanf wächst viermal schneller als Holz und kann jährlich geerntet werden. Zudem sind Hanffasern sehr stabil. Ihre natürliche Beschaffenheit macht den Einsatz von Bioziden unnötig. Doch noch ist offen, wie gut der Markt die Lösung annimmt. Aber der Anfang ist gemacht. Und bisher läuft es recht gut.
Unsere Firmengruppe ist die erste, die den Werkstoff Hanf an die Fassade bringt. Bisher gibt es Hanfdämmung nur für Gefache. Und mittelfristig soll es auch bei Inthermo ein Hanf-WDVS für den Holzbau geben. Doch noch stecken wir hier in der Entwicklungsarbeit.
DBU: Seit neustem kommt beim Inthermo-WDVS auch Kork zum Einsatz. Woher stammt der Kork für die Systemelemente?
Stefan Berbner: Der Kork kommt aus Portugal. Die bei der Flaschenkorkproduktion abfallenden Korkteile werden für unsere Anwendung in einer 100 mal 50 Zentimeter großen Form unter Hitze zu Korkplatten gepresst. Ein Bindemittel muss nicht hinzugegeben werden. Denn die Hitze aktiviert den korkeigenen Inhaltsstoff Suberin; dieses korkeigene Harz verklebt die luftumschließenden aufgeblähten Korkbläschen an der Oberfläche miteinander. Die resultierenden Platten lassen sich leicht verarbeiten und in jede Passform schneiden. Daher eignet sich das Material super für die Ausbildung von Anschlussstellen.
DBU: Das heißt, dass Inthermo-WDVS kommt jetzt ohne XPS (Extrudierter Polystyrol-Hartschaum) an den Anschlussstellen aus?
Stefan Berbner: An den feuchteintensiven Anschlussstellen, wie zum Beispiel Fensterlaibungen und Sockelanschlüssen, brauchen wir einen feuchteunempfindlichen Dämmstoff. Vor drei Jahren haben wir angefangen, hierfür XPS einzusetzen. Doch viele unserer Kunden haben das als einen Stilbruch in der ökologischen Ausrichtung empfunden. Zu Recht.
Nun können wir auf XPS verzichten und setzen stattdessen das nachwachsende, ökologische Produkt Kork ein. Denn es entspricht ganz unserer Philosophie, so ökologisch zu arbeiten wie möglich. Außerdem sind wir sehr darauf bedacht, dass die Lösungen, die wir anbieten, qualitativ so hochwertig sind, dass wir weiterhin als Qualitätsführer wahrgenommen werden.
DBU: Wie sieht es bei der Dämmplattenproduktion mit der Nachhaltigkeit des eingesetzten Holzes aus?
Stefan Berbner: Wir achten darauf, dass bei der Herstellung unserer Dämmplatten Holz aus deutschen oder mitteleuropäischen Wäldern mit den entsprechenden Zertifikaten, zum Beispiel FSC und PEFC, eingesetzt wird. Denn nachhaltige Fortwirtschaft ist für uns untrennbar mit unserer ökologischen Gesamtausrichtung verbunden.
Herr Berbner, ich bedanke mich recht herzlich für das Gespräch.
Das Interview führte DBU-Redakteur Heiko Metzger.