von Christian Schönberg
Patentanmeldung für neuartige Brandschutztreppe
Unternehmer-Trio erklärt im DBU-Interview die Holztreppe, die Bränden widersteht
Mühlhausen – Auch Holz kann als brennbarer Werkstoff das Material für Treppen sein, die Brandschutzbestimmungen einhalten. Das beweist eine Entwicklung, die von den Firmen Bäthe Treppen, Schreinerei und Treppenbau Ihle sowie der Franz Hasler AG vorangetrieben worden ist. Was der Anlass war und welche Hürden überwunden werden mussten, darüber sprach DBU-Redakteur Christian Schönberg mit Toni Bäthe.
Was hat Sie veranlasst, eine Brandschutztreppe aus Holz zu entwickeln, die es so vorher noch nicht gab?
Vor zehn Jahren hatten wir wöchentlich Anfragen nach Brandschutztreppen aus Holz. Sie werden vor allem in historischen Gebäuden gebraucht, wo wegen der Statik ein Betonlauf nicht möglich ist, die alte Treppe aber nicht einfach durch eine neue ersetzt werden kann. Aber es gab für solche Holztreppen eigentlich keine richtige Definition oder Regel, kein Bauplan und keine gültige Zulassung. Einfach nach Gutdünken zu bauen, wäre immer mit einem Risiko verbunden.
Warum haben Sie sich Partner mit ins Boot geholt?
Solch eine lange Entwicklung kostet eine Menge Geld. Da bin ich über den Freundeskreis von Willibald Mannes – einer Koryphäe im Treppenbau – mit Anton Ihle und Franz Hasler zusammengekommen. Auch sie haben speziell immer wieder das Thema Brandschutz bei Holztreppenbau bearbeiten wollen. Für ein Projekt, für das 150.000 Euro in die Hand genommen werden musste, um Erfolg zu haben, sind mehrere Partner natürlich sehr wichtig.
Was waren die Schwierigkeiten, die bewältigt werden müssen?
Zum Thema hat es schon zwei Diplomarbeiten gegeben. Dabei hat sich gezeigt, dass das Problem nicht einfach zu lösen ist. Das DIBt war sich nicht zu 100 Prozent sicher, ob ihre einzelne Zulassung ausreicht, da es zwischen den europäischen Zulassungsregeln und denen in Deutschland Unterschiede gab. Zudem waren die persönlichen Kapazitäten begrenzt. Man kann im laufenden Wirtschaftsbetrieb sich nicht ständig um neue Brandversuche kümmern. Insofern war uns die Unterstützung durch das MFPA [die Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen in Leipzig – d. Red.] sehr wichtig. Die haben sich der Sache angenommen und sich richtig ’reingehängt, damit das was wird.
Sie haben auch mehrere Versuche gebraucht. Was ist dabei herausgekommen?
Wir haben bei den Versuchen tatsächlich Treppen im Wert von 20.000 Euro abgebrannt. Bei der ersten Treppe war nach 23 Minuten Schluss. Ziel war aber eine halbe Stunde. Beim zweiten Versuch erreichten wir 29 Minuten und 52 Sekunden – acht Sekunden zu wenig. Erst beim dritten und vierten Versuch schafften wir die Marke von 30 Minuten, beim letzten Versuch sogar 37 Minuten.
Was muss die Treppe für diesen Zeitraum noch aushalten können?
An sich fängt eine Holztreppe nach elf bis zwölf Minuten an zu brennen. Entscheidend ist, dass ein Feuerwehrmann mit ganzer Montur und Schutzausrüstung plus geretteter Person noch sicher drüberlaufen kann. Diesen Lasten muss die brennende Treppe standhalten.
Es heißt, dass die Leimfugen dabei die größten Schwierigkeiten machen. Woran liegt das?
Eine Holztreppe kann nie am Stück gebaut werden. Leim ist notwendig. Herkömmliche Leime lösen sich bei hohen Temperaturen schnell auf. Wenn das passiert, halten die fünf bis sechs Treppen-Elemente nicht mehr zusammen. Bei den Wangen ist es dasselbe. Für unseren ersten Versuch haben wir extra einen als brandschutztechnisch geeignet ausgewiesenen Weißleim genommen. Aber die Leimfugen sind zusammengebrochen. Da haben wir uns mit den Leimhersteller-Verbänden zusammengetan, um diesen Industriezweig noch mehr in das Projekt einzubinden. Zusätzlich haben wir die Fire-Stop-Elemente entwickelt.
Die Sie jetzt haben patentieren lassen?
Wir haben das Patent angemeldet. Die Anmeldung läuft noch. Selbst wenn der Leim versagt, halten die Fire-Stop-Elemente die einzelnen Teile der Treppe zusammen. Das hat dann auch dazu geführt, dass wir den Wert von 37 Minuten Brandfestigkeit erreicht
haben.
Stören diese Fire-Stop-Bauteile nicht die Optik der Treppe?
Nein. Sie sind so zusammengezwängt und in den Holzkonstruktion eingebaut, dass sie überhaupt nicht zu erkennen sind.
Haben Sie die neuen Brandschutztreppen schon einbauen können?
Eine steht beispielsweise in Osnabrück, bei einem historischen Rittergut wurde sie auch vor Kurzem eingebaut. Fast immer handelt es sich um Fachwerkbauten, in denen wegen der Statik keine Betonläufe eingebaut werden können, also Gebäude der Gebäudeklasse 3. Dann braucht der Bauherr immer die Brandschutztreppe.
Lassen sich die hohen Investitionen eigentlich bereits in den Umsätzen ausgleichen?
Bis jetzt noch nicht, wir sind ja auch erst seit dem Herbst damit am Markt. Aber wir haben jetzt erfolgreich angefangen, unser neues Produkt zu bewerben und erhalten mittlerweile auch täglich Anfragen, so dass sich mit der Zeit die Investitionen auszahlen sollten.
von Christian Schönberg
Erschienen in Ausgabe: Seite 30 | Jui 2020