Unternehmen - von Redaktion

Samstag 15 Uhr. Hydraulik blockiert.

Kiesel-Logistikzentrum – mehr als nur ein Ersatzteillager

Baienfurt/Ravensburg – Moderne Logistikzentren müssen mehr können als nur Ware zu bevorraten und auszuliefern. Es sind hoch technisierte Zentren mit ebenso hoch spezialisierten Mitarbeitern, die gegen die Zeit spielen. Eigentlich eine Domäne, in der nur große Unternehmen zuhause sind, so denkt man sich. Doch der Mittelständler Kiesel hat den Schritt gewagt und ein Logistikzentrum für Ersatz- und Verschleißteile aufgebaut, das den Großen zeigt, wie man es noch besser machen kann.

Samstag, 15:00 Uhr: Klaus S. (Name von der Redaktion geändert) sitzt im Büro. Sein Telefon klingelt. Es ist sein Vorabeiter, der ihn von der Baustelle aus anruft: „Chef. Die Hydraulikpumpe am Abrissbagger hat´s zerrissen. Nichts geht mehr.“ Das ist mehr als eine schlechte Nachricht. Denn der Abriss des Krankenhauses muss am Montag abgeschlossen sein, sonst droht eine saftige Vertragsstrafe. Kurzerhand ruft er die Notrufnummer seiner Kiesel-Niederlassung an – vielleicht können die helfen.

Samstag, 15:15 Uhr: Er erreicht Armin Schreuer von der Kiesel-Niederlassung in Köln. Nach kurzer Rücksprache mit dem Baggerfahrer vor Ort und der Durchgabe des Fehlercodes ist das defekte Hydraulikteil identifiziert. Sofort gibt er die Information in das Logistiksystem von Kiesel ein und sieht, dass das Ersatzteil im Kiesel Zentrallager in Stockstadt verfügbar ist. Er platziert den Auftrag mit der höchsten Dringlichkeitsstufe im System.

Samstag, 15:30 Uhr: Voll automatisiert landet der Auftrag im Zentrallager. Wegen der engen Zeitschiene wird ein Kurierdienst beauftragt, das Bauteil abzuholen und noch am gleichen Tag direkt zur Baustelle zu bringen.

Samstag, 16:00 Uhr: Auch die Entnahme erfolgt elektronisch gesteuert im Zentrallager. Das System lotst den Picker mit seinem Elektroschlepper zum Lagerplatz. Dort entnimmt er das Ersatzteil und fährt es direkt zur Packstation, wo es versandgerecht verpackt und anschließend an den Kurierdienst übergeben wird.

Samstag, 18.30 Uhr: Der Fahrer des Kurierdienstes übergibt das Ersatzteil direkt auf der Baustelle an den Vorarbeiter.

Sonntag, 07:00 Uhr: Der Kiesel-Servicetechniker trifft auf der Baustelle ein. Innerhalb von nur 50 Minuten ist das Ersatzteil eingebaut und die Maschine wieder betriebsbereit. Klaus S. atmet auf. Der Abriss kann nun wie vertraglich vereinbart zu Ende gebracht werden.

Fälle wie dieser sind gelebter Alltag im Kiesel-Logistikzentrum in Stockstadt. Das Unternehmen – ein Mittelständler – hat hier vor vier Jahren eines der innovativsten und schnellsten Servicezentren Deutschlands geschaffen.
35.000 Artikel im Wert von 10 Mio. Euro liegen hier ständig auf Lager und werden viermal jährlich umgeschlagen. 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr, wird hier gearbeitet.

Durchschnittlich 1.200 Lieferpositionen verlassen das Lager pro Tag. Was bis 17 Uhr geordert wird, verlässt das Lager bei Bedarf noch am gleichen Tag und ist ab 7 Uhr beim Kunden, im Fahrzeug des Servicetechnikers oder sogar direkt auf der Baustelle.
Möglich wird dies durch ein intelligentes und ausgefeiltes Gesamtkonzept, von dem sich selbst größere Logistikunternehmen laut Wilhelm Houben, Leiter des Logistikzentrums, eine Scheibe abschneiden können: „Als wir das Logistikzentrum konzipiert haben, haben wir uns bewusst gefragt: Was will und braucht unser Kunde wirklich? Im Grunde nur Eines: dass seine Maschine so schnell es geht wieder läuft – egal, ob er sie gerade warten lässt, oder ob sie, wie im Fall „Klaus S.“, zum ungünstigsten Zeitpunkt ausfällt.“ Um das zu realisieren, basiert das Kiesel-Logistik-Konzept auf vier Säulen: Ein hoher, zentral geführter Lagerbestand. Eine Software, die Standardbestellungen automatisiert abwickelt. Eine professionelle Lagerlogistik. Und nicht zuletzt ein schlagkräftiges Team, das direkt vor Ort arbeitet und sich um alle Sonderfälle kümmern kann.

Zentral geführter Lagerbestand
„Mit der Inbetriebnahme des Logistikzentrums hat Kiesel vor vier Jahren seine dezentralen Läger weitgehend aufgelöst und alles im neuen Logistik-zentrum in Stockstadt zentralisiert. Egal, wo in Deutschland oder Österreich, unsere Kunden haben dadurch einen Lagerbestand im Wert von zirka 10 Millionen Euro im stündlichen Zugriff. Das ist gleichbedeutend mit einer 99-prozentigen Ersatzteil-Verfügbarkeit“, so Wilhelm Houben. „Und was nicht vorrätig ist, beschaffen wir aus allen uns verfügbaren Quellen, so schnell es geht.”

Intelligente Logistiksoftware und professionelle Lagerlogistik
Die gesamte Kiesel-Organisation ist mit dem Logistikzentrum vernetzt. Jeder kann direkt einsehen, ob ein Ersatzteil vorrätig und damit sofort lieferbar ist und es direkt ordern. Das intelligente System erkennt Standardaufträge und schleust sie ins Lager, wo der Auftrag mit Barcode-Unterstützung teilautomatisiert gepickt und für den Versand gerichtet wird.
„Sobald der Auftrag ankommt, übernimmt das Logistikteam”, so Houben. Der Clou dieses Logistikzentrums liegt in der Aufteilung der Kompetenzen: Kiesel selbst hat das Zentrum vor vier Jahren konzipiert und gebaut. Betrieben wird es von einem externen Logistikunternehmen, das aktuell 34 Mitarbeiter beschäftigt.
„Neben uns bedient unser Logistiker derzeit noch vier weitere Unternehmen, die hier ihre Ware eingelagert haben und über das Zentrum verteilen“, berichtet Wilhelm Houben. „Unser Credo lautet: Logistik funktioniert immer perfekter, je größer sie wird. Heute haben wir in Bezug auf die Auslastung einen Schwellenwert überschritten, der uns als Mittelständler eine Schlagkraft verleiht, die man sonst nur von Großkonzernen kennt.“

Schlagkräftiges Team
Was nicht vorrätig ist, wird schnellstens besorgt. „Unser eigenes 14-köpfiges Kiesel-Logistik-Team versteht sich als Problemlöser für den Kunden”, so Houben. „Wir haben den großen Vorteil, dass wir direkt im Bürotrakt des Logistikzentrums sitzen und so nur wenige Schritte zu allen Beteiligten und allen Ersatzteilen haben.”
Das ist auch notwendig, denn sein Team kümmert sich nur um die wirklich harten Nüsse. Da kommt es schon mal vor, dass Ersatzteile, die nicht vorrätig sind, aus einer Bestandsmaschine oder einer kompletten Baugruppe ausgebaut werden müssen. Da ist neben Leistungsfähigkeit und hoher technischer Kompetenz auch die Kreativität der Mitarbeiter gefragt.
Und damit dann auch das letzte Glied der Kette, der Versand, reibungslos und mitunter auch unkonventionell funktioniert, verlässt sich Kiesel dabei auf einen äußerst flexiblen Lieferdienst vor Ort. „Auf diese Fahrer ist absolut Verlass. Die finden auch noch nachts um 3 Uhr den unbeleuchteten Feldweg zur Baustelle, wenn es sein muss”, bringt Wilhelm Houben die gute Zusammenarbeit auf den Punkt.

Service wird bei Kiesel in allen Bereichen großgeschrieben. So kosten Ersatzteile immer das Gleiche – egal ob sie zur regulären Geschäftszeit oder über einen nächtlichen Notruf geordert werden.
Darüber hinaus werden die Transportkosten dem Kunden 1:1 durchgereicht. „Wir wollen nicht an den Problemen unserer Kunden verdienen, sondern ihnen als fairer Partner auf Augenhöhe zur Seite stehen“, fasst Houben die Philosophie zusammen.

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: April 2017 | Seite 40

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