Rohrleitungsbau - von Redaktion
Spezielle Verbaulösung nötig
Flexibler Eckschienenverbau sicherte Neubau der Schachtbauwerke
Hückelhoven-Baal – Die Große Kreisstadt Nördlingen sowie die zu Nördlingen gehörigen Stadtteile Holheim und Nähermemmingen beziehen ihr Trinkwasser aus dem etwa 6 km vom Stadtgebiet entfernt gelegenen Quellgebiet Ederheim. Kürzlich wurde die 1896 in Betrieb genommene und heute von den Stadtwerken Nördlingen betriebene Rohrleitung auf der letzten Teilstrecke erneuert.
Eine Herausforderung stellte dabei die örtliche Geographie dar: Zwei Höhenzüge machten die unter der Planung und Bauleitung des Ing.-Büros Eckmeier und Geyer vollzogene Sanierung von rund 1550 Leitungsmetern des letzten Bauabschnitts besonders knifflig.
Ebenfalls nicht alltäglich war ein anderer Umstand: Mit der Erneuerung der Wasserleitung hatten die Stadtwerke Nördlingen das gleiche Unternehmen beauftragt, das die Leitung in den Jahren 1895 und 1896 verlegt und dabei auch die Durchstiche durch „Riegelberg“ und „Kampf“ bewerkstelligt hat.
Im Zuge der Arbeiten erneuerten die Spezialisten der ortsansässigen Carl Heuchel GmbH & Co. KG nicht nur die in Fels gehauenen Stollen, sondern auch die Rohrleitungen in den für die Zugänglichkeit angelegten Schachtbauwerken. Zur Sicherung der hierfür erforderlichen Baugruben setzte das Unternehmen auf den Eckschienenverbau der Produktmarke Emunds+Staudinger | Krings von ThyssenKrupp Infrastructure.
Nachhaltige Geschäftsbeziehung
Wenn in diesen Tagen von Kanalbau bzw. -sanierung die Rede ist, fällt oft auch der Begriff der Nachhaltigkeit. In der Regel bezieht er sich auf Zeiträume, in denen ein Bauwerk die ihm zugedachte Funktion erfüllt. An Geschäftsbeziehungen, die eine Brücke zwischen mehreren Generationen spannen, denken sicher die wenigsten.
Tatsächlich dürfte die Beziehung zwischen der Stadt Nördlingen und dem 1831 gegründeten ortsansässigen Bauunternehmen Carl Heuchel eine echte Ausnahmeerscheinung sein: 2014 erhielt das Unternehmen in einer öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag für die Erneuerung von Nördlingens zentraler Trinkwasserleitung – der gleichen Leitung, mit deren Errichtung Heuchel rund 120 Jahre zuvor erstmals beauftragt worden war.
Gleich geblieben war auch eine besondere Herausforderung, die das Gelände an die Hoch- und Tiefbauspezialisten stellte. Rainer Ganzenmüller, Betriebsleiter Tiefbau bei Heuchel: „Damals hat man sich für die kürzeste, aber auch baulich anspruchsvollste Verbindung zwischen Quellgebiet und Stadt entschieden, Stollen durch zwei Höhenzüge inklusive.“
Die Baumaßnahme galt schon im 19. Jahrhundert als außergewöhnlich, und sowohl die Verlegung der Leitung im Stollen als auch ihre Demontage stellte eine besondere Herausforderung dar – angefangen bei der Sanierung der seinerzeit aus Mauerwerk errichteten Schachtbauwerke, von denen aus die Stollen bergmännisch vorangetrieben worden waren. Die alten Schächte wurden freigelegt und abgerissen, im Zuge der Verlegung der neuen Leitung wurden die ursprünglichen Bauwerke durch neue Schachtbauwerke aus Stahlbeton-Fertigteilen ersetzt.
Bei der Sicherung der 7 Meter tiefen Baugruben kam eine Lösung zum Zuge, die in der ursprünglichen Ausschreibung nicht vorgesehen war. Ganzmüller: „Eigentlich war vorgesehen, Spunddielen zu verwenden, aber bei der Bodenbeschaffenheit vor Ort wäre dies nur schwer möglich gewesen.“
„Der Einsatz des Eckschienenverbaus bedeutet für alle Beteiligten weniger Aufwand und weniger Kosten.“
Im Bereich der beiden Höhenzüge geht der bindige Lehmboden in anstehenden Fels über – die Wahrscheinlichkeit, dass herkömmliche Spunddielen irreparabel beschädigt worden wären und ihren Zweck nicht mehr hätten erfüllen können, war groß. Als Alternative schlug Heuchel eine spezielle Verbaulösung der ThyssenKrupp Infrastructure vor, mit der das Unternehmen in der Vergangenheit bei der Erstellung von Schachtbauwerken unterschiedlichster Größen gute Erfahrungen gesammelt hatte“, fasst Ganzmüller die Vorteile zusammen.
Einfach und flexibel anzuwenden
„Der Eckschienenverbau ist eine spezielle Verbaulösung, die sich u. a. für Arbeiten an Schachtbauwerken eignet“, erläutert Dipl.-Ing. Eberhard Uelner vom Vertrieb Sparte Grabenverbau bei ThyssenKrupp Infrastructure. In der Regel besteht das System aus jeweils vier Gleitschienenplatten und vier Eckschienenträgern. Auf spezielle Aussteifungssysteme wird dabei verzichtet. Alle Kräfte werden über die Verbauplatten abgefangen. So stabil das System ist, so einfach und flexibel ist es auch anzuwenden.
„Durch den paarweisen Einsatz verschiedener Plattenlängen können rechtwinklige Baugruben unterschiedlichster Größe realisiert werden – das System ist gleichermaßen leistungsstark, günstig und wirtschaftlich“, so Uelner weiter.
Mit den entsprechenden Trägern kann der Eckschienenverbau wahlweise als einschieniger oder als gestufter Verbau ausgeführt werden, beim Projekt in Nördlingen fand die gestufte Variante Anwendung. Da mehrere Felder eingebaut wurden, kam vor Ort zudem der
U-Laufwagen zum Einsatz.
Rohreinzug per Schiene
Auch die Verlegung der Rohre gestaltete sich technisch anspruchsvoll. Vor Beginn der eigentlichen Arbeiten wurden in den Stollen Stromleitungen verlegt und, im Abstand von jeweils 8 m, Leuchten installiert. Zunächst mussten die alten Rohre entfernt werden – keine leichte Aufgabe, denn jedes der gusseisernen Rohre mit 6 m Baulänge brachte es auf ein Gewicht von 250 kg.
Die Altrohre wurden mittels einer Seilwinde aus den Stollen gezogen, im Anschluss sanierte Heuchel die ziegelgemauerten Stollen, bevor die neuen Rohre eingebaut wurden. Hierfür verlegte das Unternehmen eigens ein Schienensystem.
Auf ein aus U-Schienen konstruiertes Gleis wurden mit Gleitkufen versehene Rohrschellen gesetzt. Um eine möglichst geringe Reibung zu erzielen, wurden Kufen aus Kunststoff verwendet. Die fertige Konstruktion diente als Träger für den neuen Rohrstrang, der Stück für Stück vom Bagger eingeschoben wurde. Allein für den kürzeren der beiden Stollen musste so ein Gesamtgewicht von 14 t über eine Distanz von 320 m bewegt werden.
Nach dreimonatiger Bauzeit konnten die Arbeiten plangemäß abgeschlossen und die neue Leitung in Betrieb genommen werden. Druckprüfung und Wasserbeprobungen lieferten keinen Grund zu Beanstandungen.
von Redaktion
Erschienen in Ausgabe: Dezember 2015 | Seite 23