von Jasch Zacharias

Tarifstreit: Harte Fronten beim Wegegeld

Verhandlungen im Bauhauptgewerbe ergebnislos abgebrochen - Nächste Runde vielleicht im August

Die Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen für die rund 890.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe sind in Mainz in einer zweiten Runde bereits gestern am Nachmittag des ersten von insgesamt zwei angesetzten Tagen  ohne Ergebnis abgebrochen worden.  Aus Sicht der Arbeitgeber liegt  die Verantwortung dafür auf Seiten der IG Bau, die über Wegzeiten statt über Entgelterhöhungen verhandeln wollte.

Die Gewerkschaft kritisierte hingegen den frühzeitigen Abbruch der Verhandlungen durch "schlecht vorbereitete" Arbeitgeber. So blieben die entgegenkommenden Lohnngebote der ersten Verhandlungsrunde im Mai praktisch undiskutiert im Raum stehen. Drei Prozent will die Bauwirtschaft trotz aktuell schwieriger Lage, Lieferengpässen und steigenden Baukosten, draufschlagen. 5,3 Prozent mehr Lohn fordert nach wie vor die IG Bau.

Arbeitgeber weisen Vorwürfe der IG Bau zurück

Den Vorwurf der Gewerkschaften, die Arbeitger seien unvorbereitet gewesen sein, wies ein Sprecher der Arbeitgeber entschieden als "völlig falsch" zurück. Es habe einfach zunächst keinen Sinn mehr gemacht, sich  zwei Tage lang die Forderungen der Gewerkschaften anzuhören. Es soll intensive interne Beratungen geben und dann konkret spätestestens Anfang August weiterverhandelt werden. Die IG Bau bestätigte gestern den Terminvorschlag der Arbeitgeber jedoch noch nicht, will erst in der Tarifkommission kommenden Mittwoch über das weitere Vorgehen beraten.  

in einer gemeinsamen Erklärung von Baugewerbe (ZDB) und (HDB) sind Kritik und Enttäuschung groß über die kompromisslose Haltung der Arbeitnehmervertreter. Sei man vor einem Jahr noch wegen der Pandemie schnell sozialpartnerschaftlich  aufeinander zugegangen, wird es in diesem Jahr bis zu einem nächsten Termin Anfang August wohl kein weiteres Entgegenkommen geben. Der laufende Tarifvertrag läuft ungeachtet dessen am 30. Juni aus. 

Die Kritik an der Verhandlungsführung der IG Bau folgte seitens der Arbeitgeber auf dem Fuße, die zum wiederholten Male Uwe Nostiz als bewährten  Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite ins Rennen geschickt hatte. "Während die Arbeitgeber um eine konstruktive Lösung für die Löhne und Gehälter sowie die Ost-/ West-Angleichung bemüht waren, versuchten die Vertreter der Arbeitnehmerseite wiederholt, über ungekündigte Rahmentarifmaterie zu verhandeln. Konkret geht es um das Thema Wegstreckenentschädigung. Hierzu war in der Tarifrunde 2020 vereinbart worden, in sogenannten moderierten Spitzengesprächen unter der Leitung von Prof. Dr. Rainer Schlegel Lösungen zu dieser Frage zusammen mit drei weiteren Themenfeldern zu entwickeln Das Abschlusspapier mit den entsprechenden Vorschlägen liegt den Gremien zur Beratung vor", heißt es wörtlich  in der gemeinsamen Presseerklärung von Baugewerbe (ZDB) und Bauindustrie (HDB). 

Arbeitgeber der Bauwirtschaft  gingen kompromissbereit und lösungsorientiert in  Verhandlungen

Uwe Nostitz, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) erklärte: „Nachdem wir bereits in der ersten Verhandlungsrunde unsere Kompromissbereitschaft signalisiert haben, haben wir heute nochmals unser Interesse an einer Lösung bekundet. Leider hat die Gewerkschaft immer wieder von der eigentlichen Diskussion der Entgeltfrage abgelenkt und stattdessen die bereits in den Spitzengesprächen diskutierten Fragen zur Wegstreckenentschädigung zum Gegenstand der Verhandlungen machen wollen.“ Auch die ebenfalls auf Arbeitgeberseite verhandelnde Jutta Beeke, Vizepräsidentin der Bauindustrie, machte ihre Enttäuschung über die Verhandlungsführung der Gewerkschaft Luft.  : .„In bewährter sozialpartnerschaftlicher Tradition wären wir heute gerne zu einer Einigung in der Entgeltrunde gekommen. Dazu haben wir auch einen konkreten Vorschlag zur Ost-/ West-Angleichung unterbreitet. Dafür hätte es aber auf Seiten der Gewerkschaft die Bereitschaft gebraucht, sich auf die eigentlichen Fragen der Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen einzulassen. In diesem Sinne haben wir der Gewerkschaft einen dritten Verhandlungstermin angeboten“, so Jutta Beeke, Vizepräsidentin des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB).

 

IG Bau signalisiert keinerlei Entgegenkommen

Die IG Bau fährt indes offenbar weiter eine harte Linie.  „Es herrscht bei uns völliges Unverständnis darüber, dass die Arbeitgeber die für ursprünglich zwei Tage angesetzten Tarifverhandlungen heute am frühen Nachmittag unterbrochen haben. Das gab es noch nie, dass die Arbeitergeberseite so unvorbereitet in die Gespräche gegangen ist“, sagt Carsten Burckhardt, Bundesvorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite.

Für Burckhardt sei unklar, welchen Sinn der jetzt angebotene neue Verhandlungstermin für August haben soll. „Was hat sich denn bis dahin verändert? Das konnten oder wollten die Arbeitgeber uns heute nicht beantworten. Sie wollen lediglich die Verhandlungen in die Länge ziehen mit dem Hintergedanken, dass es solange auch keine Tariferhöhungen gibt. Die IG BAU fordert vor dem Hintergrund eines nach wie vor anhaltenden Baubooms 5,3 Prozent mehr Lohn und Gehalt, eine Entschädigung für die oft langen Fahrten zu den Baustellen sowie eine Angleichung der Ost-Einkommen an das West-Niveau", so Burckhardt.

 

Bild: Verhandlungsort der zweiten Tarifrunde: Atrium Hotel Mainz (Foto. Atrium Hotel Mainz/ Facebook)

von Jasch Zacharias

Erschienen in Ausgabe: online

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