Unternehmensnachfolge soll keine Zitterpartie werden

Branchenverbände: Nachfolgeregelung muss langfristig geplant werden

DBU/Berlin – Nach der Gründung oder Übernahme eines Betriebes ist die Regelung der Unternehmensnachfolge eine der wichtigsten Aufgaben im Berufsleben eines Bauunternehmers. Viele Unternehmen geraten in Schwierigkeiten, weil die Nachfolge zu spät, gar nicht oder falsch geregelt wurde.

Die demografische Entwicklung macht auch vor der Führungstetage der deutschen Bauwirtschaft nicht halt. Im deutschen Baugewerbe sind laut einer Untersuchung von Eurostat 45 Prozent der Unternehmer älter als 50 Jahre, sechs Prozent sogar älter als 65 Jahre. Eine geordnete Betriebsübergabe brauche Jahre und müsse rechtzeitig in Angriff genommen werden, sagt Geschäftsführer Dirk Stauf von der Bundesvereinigung ­Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB).

Externe Nachfolgersuche ist besonders herausfordernd
Bei den sehr inhabergeprägten Unternehmen des BVMB werde in häufig eine Nachfolge innerhalb der Familie aufgebaut. Es gibt allerdings in der mittelständischen Bauwirtschaft auch immer wieder Fälle, wo es innerhalb der Familie nicht passt, weil die Kinder andere berufliche Vorstellungen haben oder schlicht häufiger als in früheren Unternehmergenerationen gar keine Kinder vorhanden sind.
Die externe Nachfolgersuche bringt jedoch einige Herausforderungen mit sich. Das Zusammenfinden von Verkäufer und Nachfolger ist schwieriger und zieht höhere Transaktionskosten nach sich. Das BVMB-Beraterteam helfe den Unternehmern, tragfähige Lösungen zu finden, so Stauf.
Das Problembewusstsein in Sachen Genera­tionswechsel sei in der Regel bei den Unternehmen vorhanden. Es gebe aber auch Ausnahmen, die in der Persönlichkeitsstruktur begründet seien, so der Jurist. Er berichtet von einer Bau­firma, wo er sich durchaus Sorgen mache, weil der Seniorchef keinen anderen leitenden Mitarbeiter hochkommen lasse und die Nachfolge nicht vorbereite. Das sei aber glücklicherweise nicht die Regel. Externe Nachfolgekandidaten stehen derzeit allerdings auch nicht gerade Schlange. „Zentraler Engpassfaktor für das Finden externer Nachfolger ist die dünn besetzte nachrückende Unternehmergeneration. Die Gründerzahlen sinken seit Jahren aufgrund der guten Lage am Arbeitsmarkt“, sagt der Chefvolkswirt der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Jörg Zeuner.

Auch aus den Reihen der eigenen Mitarbeiter
2017 machten sich bundesweit nur noch 557.000 Menschen selbständig. Insbesondere die übernahmewilligen Gründer werde seltener, ihre Zahl lag zuletzt bei 57.500 im Jahr, erklärt Zeuner.
„Das sind deutlich zu wenige, um den in den nächsten Jahren hohen Bedarf an Unternehmensnachfolgern zu decken“, betont er. Unternehmerische Kompetenzen zu vermitteln einerseits und die Attraktivität des Unternehmertums weiter zu steigern andererseits seien daher eine zentrale Aufgabe einer zukunftsorientierten Bildungs- und Wirtschaftspolitik, so der KfW-Chefvolkswirt.
Vorausschauende Inhaber bauen die Nachfolge oftmals aus den Reihen der eigenen Mitarbeiter auf, sagt BVMB-Geschäftsführer Stauf. Er berichtet von einem Bauunternehmen, in dem zwei sehr gute Prokuristen zu Gesellschaftern aufgerückt seien. Die Zahl der bereits gesicherten Übergaben steige in jüngster Zeit etwas an, schätzen die Experten ein. Etwa zwei Drittel der Mittelständler, die bis 2020 eine Übergabe anstreben, haben die Nachfolge bereits unter Dach und Fach gebracht oder führen konkrete Verhandlungen mit dem ­Nachfolger. Das bestätigt auch Holger Seit vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen. Bei fast einem Drittel der befragten Bauunternehmen in Bayern steht in den nächsten fünf Jahren eine Betriebsübergabe an.

Nicht alle Seniorchefs an Nachfolgelösung interessiert
Neben einer geregelten Unternehmensnachfolge kommt für eine Reihe von Seniorchefs allerdings auch eine Geschäftsaufgabe in Betracht. Denn nicht jeder ­Unternehmenslenker mit konkreten Rückzugsgedanken plant tatsächlich die Fortführung seines Unternehmens.
Besonders Inhaber von Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Mitarbeitern ziehen lauf KfW bundesweit diese Variante in Betracht (41 Prozent), für große Mittelständler ist eine Stilllegung nahezu keine Option (zwei Prozent). Während im Verarbeitenden Gewerbe Stilllegungsgedanken eine merklich unterdurchschnittliche Rolle spielen, schließen viele Kleinunternehmen im Baugewerbe diese Variante nicht aus.

Mit intensiver Beratung Fallstricke umgehen
„Wer weiß, dass absehbar die Übergabe des eigenen Betriebs ansteht, sollte sich fachkundige Beratung einholen. Wir helfen unseren Mitgliedern gerne weiter“, sagt Dr. Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg. Die Verbände der Bauwirtschaft haben den großen Beratungsbedarf für einen geordneten Generationswechsel erkannt und bieten Foren und Seminare zur Betriebsnachfolge an.
Dort geht es unter anderem um die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Firmenbewertung, Management-Buy-out, den Unternehmensverkauf, die Kommunikation nach innen und außen. Erste Orientierung bietet auch ein „Nachfolg-o-mat“ im Internet. Die persönliche Beratung durch Spezia­listen ist meist aber unabdingbar, damit der altersbedingte Rückzug und die Übergabe an die nächste Generation rechtssicher vonstatten geht.

Erschienen in Ausgabe: Seite 5| April 2019

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