Baurecht - von Gastautor

Wann gilt Architektenleistung als abgenommen?

Urteilskommentar von Dr. Jakob Steiff, CMS Hasche Sigle

Frankfurt am Main (Hessen) – Die Abnahme der Leistung hat im Werkvertragsrecht fundamentale Bedeutung. Mit der Abnahme wird die erbrachte Leistung als vertragsgerecht anerkannt, zugleich wird damit die Gegenleistung – der Werklohn des Unternehmers – fällig. Schließlich beginnen mit der Abnahme die Gewährleistungsfristen. Da auch der Architektenvertrag in der Regel einen Werkvertrag darstellt – geschuldet ist eine ordnungsgemäße Planung –, trifft dieses Regime auch auf den Architektenvertrag zu.

In dem vorliegenden Fall beauftragte ein Auftraggeber einen Planer mit Architekten- und Tragwerksplanerleistungen für ein Ganzjahresbad. Das Bad wurde im Dezember 2000 in Betrieb genommen. Mit Schreiben vom 23.2.2004 bat der Auftraggeber den Planer um die Übergabe des gesamten Unterlagenbestands zur Baumaßnahme wie folgt: „In Anbetracht der Tatsache, dass die Baumaßnahme […] wie durch Sie vermerkt als abgeschlossen gilt, ist nicht zu erkennen, weshalb die Unterlagen noch weiterhin in Ihrem Haus verbleiben sollen. Nach ordentlicher Archivierung in unserem Haus stehen Ihnen die Unterlagen auch weiterhin nach Absprache als Sichtungsmaterial zur Verfügung“. Bis zum 16. November 2004 übergab der Planer insgesamt 64 Ordner an den Auftraggeber. Im April 2010 verklagte der Auftraggeber den Planer auf Schadensersatz wegen statischer Mängel. Daraufhin erhob der Planer die Einrede der Verjährung unter Hinweis darauf, dass spätestens in der Übergabe der Dokumentation eine Abnahme zu sehen sei und diese mehr als fünf Jahre (Gewährleistungszeitrum) zurückliege.

Die Entscheidung
Zu Recht, wie der BGH mit Urteil vom 20.02.2014 – VII ZR 26 / 12 entschied. Nach den Gesamtumständen liege in der Übergabe und Entgegennahme der vollständigen Bauunterlagen am 16.11.2004 eine konkludente Abnahme der Architektenleistungen. Bereits der vom Auftraggeber geäußerte Wunsch, die Bauunterlagen zu archivieren, zeige, dass er den Architektenvertrag als beendet betrachtet habe. Das Verhalten des Auftraggebers habe objektiv den Rückschluss auf seinen Abnahmewillen zugelassen. Damit sei fünf Jahre später, also am 16.11.2009, Verjährung eingetreten. Ob die Leistungen der abschließenden Leistungsphase 9 HOAI (Objektbetreuung und Dokumentation) zu diesem Zeitpunkt vollständig erbracht waren, war von dem Gericht nicht abschließend aufzuklären. Denn, so der BGH, die Vollendung des Werks ist nicht ausnahmslos Voraussetzung für eine konkludente Abnahme, da es stets maßgeblich darauf ankommt, ob nach den Gesamtumständen das Verhalten des Auftraggebers vom Auftragnehmer dahin verstanden werden kann, er billige die Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht. Das kann auch dann der Fall sein, wenn die Leistung Mängel hat oder noch nicht vollständig fertiggestellt ist.

Praxistipp
Ist der Auftraggeber erkennbar bereit, das Werk auch ohne eine ausstehende Restleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht zu akzeptieren, steht die offene Restleistung einer konkludenten Abnahme nicht entgegen. Soll diese Rechtsfolge vermieden werden, empfiehlt sich die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme bereits im Architektenvertrag.
Nach der neuen HOAI 2013 (§ 15) ist die Abnahme nunmehr auch ausdrückliche Fälligkeitsvoraussetzung für das Architektenhonorar. In den Vorfassungen der HOAI war insoweit nur die „vertragsgemäße Erbringung“ gefordert. Eine förmliche und damit nachweisbare Abnahme liegt daher auch im Interesse des Architekten – mithin letztlich im beiderseitigen Interesse von Bauherr und Architekt.


Autor Dr. Jakob Steiff ist Partner bei CMS Hasche Sigle, Frankfurt

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