Effizienz - von Redaktion

Weniger Leerlauf auf der Baustelle

Wolff & Müller rüstet Maschinenpark um, um unnötigen Leerlauf zu vermeiden

Stuttgart – In Zeiten von Klimawandel und Energiewende gewinnt nachhaltiges Bauen zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Gebäude werden beispielsweise nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifiziert. Ende September 2014 waren es 839 Immobilien, wobei sich die Zahl in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt hat.

Die Kriterien der Nachhaltigkeit gelten jedoch nicht nur für die „fertigen“ Gebäude, sondern auch für den Bauprozess. Ein wesentlicher Faktor ist die Reduzierung von Emissionen.

Bei Wolff & Müller steht insbesondere der hauseigene Maschinenpark im Fokus: Denn rund zwei Drittel und damit der mit Abstand größte Anteil der unternehmensweiten Emissionen entfallen auf Dieselabgase für Firmenfahrzeuge und Arbeitsmaschinen.

„Bauen ist insgesamt sehr energie­intensiv, doch der Maschinenpark spielt eine besonders große Rolle. Deshalb arbeiten wir laufend daran, ihn zu optimieren und nachhaltiger zu machen“, sagt Jürgen Kleindopp, Leiter der Logistik­abteilung bei Wolff & Müller.


Leerlauf vermeiden
Dabei setzen die Stuttgarter seit einiger Zeit auf eine vergleichsweise einfache Maßnahme – sie rüsten ihre dieselbetriebenen Baumaschinen mit einer Leerlaufabschaltung nach: Durch eine Programmierung des Steuergeräts schaltet der Motor nach rund drei Minuten im Leerlaufbetrieb ab.
„Im Baustellenbetrieb haben wir naturgemäß sehr hohe Leerlaufzeiten“, erklärt Kleindopp. „Ein herkömmlicher Mobilbagger ohne Abschaltautomatik kommt je nach Gewichtsklasse beispielsweise auf einen Leerlaufanteil von etwa 35 Prozent – hier gibt es also großes Einsparpotenzial.“

Aktuell hat das Bauunternehmen rund 67 seiner 190 dieselbetriebenen Großgeräte mit Leerlaufabschaltung nachgerüstet – die Umrüstungskosten lagen bei insgesamt rund 75.000 Euro. Neue Geräte werden, wenn möglich, gleich mit der Abschalt-Funktion bestellt. Derzeit sind bereits rund 118 Geräte mit Leerlaufabschaltung auf der Baustelle im Einsatz.

„Erste Erfahrungen zeigen, dass der Leerlaufanteil bei Mobilbaggern mit Abschaltautomatik im Schnitt um rund 9 Prozent sinkt, bei Kettenbaggern sogar um rund 14 Prozent“, sagt Kleindopp. „Das hat erhebliche Auswirkungen auf unsere CO2-Bilanz – wir rechnen damit, dass wir allein durch die Leerlaufabschaltung bei 118 Geräten jährlich rund 600 Tonnen CO2 einsparen werden. Der CO2-Ausstoß für den gesamten Maschinenpark sinkt damit von insgesamt 7.100 auf 6.500 Tonnen.“
Mit den Leerlaufzeiten sinkt auch der Spritverbrauch – und das zahlt sich vor allem angesichts der steigenden Kraftstoffpreise aus. Während ein Liter Dieselkraftstoff vor zehn Jahren noch rund 95 Cent kostete, liegt der Literpreis aktuell bei 1,30 Euro.
„Bei einem Jahresverbrauch von rund 2.700.000 Litern ist das ein erheblicher Kostenfaktor. Durch diese Maßnahme sparen wir effektiv 8,5 Prozent Kraftstoff ein, was bei den aktuellen Kraftstoffpreisen allein mit diesen 118 Geräten rund 300.000 Euro jährlich ausmacht“, sagt Kleindopp.

Weniger Betriebsstunden, weniger Servicekosten
Doch die Leerlaufabschaltung senkt auch die Anzahl der Betriebsstunden. Das hat zweierlei Effekte: Erstens sinken die Wartungs- und Servicekosten der Geräte. „Wir haben in diesem Bereich Full-Service-Verträge mit den Herstellern, die sich pauschal nach der Anzahl der Betriebsstunden richten“, erklärt Kleindopp. Mit Leerlaufabschaltung sinkt die Anzahl der Betriebsstunden im Schnitt um rund 12.500 Stunden pro Jahr. Ab 2015 spart das Bauunternehmen bei den 118 Geräten mit Abschaltautomatik pro Jahr rund 60.000 Euro Service-Kosten ein.

Zweitens steigt mit den sinkenden Betriebsstunden der Wiederverkaufswert der Geräte. „Wir nutzen Mobil- und Kettenbagger im Schnitt acht Jahre. Wenn wir Geräte mit Leerlaufabschaltung nach diesem Zeitraum verkaufen, haben sie etwa 1.100 Betriebsstunden weniger, und wir können sie dadurch rund zehn Prozent teurer verkaufen – oder die Baugeräte ein Jahr länger nutzen“, sagt Kleindopp.

Schnellwechselsysteme für mehr Produktivität
Es gibt Situationen auf der Baustelle, bei denen die Maschine im Leerlauf ist, der Motor jedoch nicht abgestellt werden kann – zum Beispiel beim Wechsel von hydraulischen Anbaugeräten wie Grabgefäßen, Hammer, Greifer oder Schere.
Der Baugeräteführer muss dazu aussteigen und sämtliche Leitungen manuell abkoppeln und wieder anschließen. Das löst Wolff & Müller mit sogenannten Schnellwechselsys­temen.

Mittlerweile hat das Bauunternehmen sämtliche Ketten- und Mobilbagger mit dem vollhydraulische Schnellwechselsystem „Oil­quick“ ausgestattet: Auf Knopfdruck kann der Baugeräteführer die hydraulischen Anbaugeräte vom Fahrerhaus aus vollautomatisch innerhalb weniger Sekunden wechseln – der Hydraulikkreislauf öffnet und schließt sich automatisch, im Cockpit lässt sich der für das jeweilige Werkzeug benötige Hydraulikdruck einstellen.
„Mit Oilquick verbessert sich die Auslastung in einer Betriebsstunde um rund 20 Prozent. Das wirkt sich auf den gesamten Bauablauf aus“, sagt Kleindopp. „Unsere Erfahrungen im Maschinenpark zeigen, es sind die nachhaltigen Lösungen, die sich auf Dauer wirklich auszahlen“, fasst Kleindopp zusammen.

CO2-neutrales Bauen
Wolff & Müller baut als erstes und, soweit bisher bekannt, einziges deutsches Bauunternehmen gruppenweit CO2-neutral. Das bedeutet, dass das Unternehmen jede Tonne Kohlendioxid, die es im Fuhrpark, in der Verwaltung, beim Betrieb von Gebäuden, in allen Produk­tionsstätten und auf allen Baustellen innerhalb Deutschlands produziert, mit Energieeinsparungen und dem Erwerb von CO2-Zertifikaten ausgleicht.

Dazu ermitteln die Stuttgarter seit 2010 jedes Jahr ihren unternehmenseigenen Kohlendioxidausstoß, den sogenannten Carbon Footprint, und lassen diesen vom TÜV Rheinland zertifizieren.

2014 wurde Wolff & Müller beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis als eines der drei nachhaltigsten Unternehmen Deutschlands mittlerer Größe ausgezeichnet.

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: Juli 2015 | Seite 40

Zurück