von Redaktion

Wer ist der beste Baumeister für soziales Miteinander?

Drei Finalisten beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur stehen fest - Preisverleihung ist am 29. November

Drei Projekte haben es beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur ins Finale geschafft: das Collegium Academicum in Heidelberg, das integrative Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbundes in Dresden und die Erweiterung Werk II der Firma elobau in Leutkirch im Allgäu. Vergeben wird der Architekturpreis von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) gemeinsam mit der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis. Bereits zum zwölften Mal werden in diesem Jahr Projekte gekürt, die in den Bereichen Nachhaltigkeit, Innovation und architektonische Qualität überzeugen. Welches Projekt als Sieger gefeiert wird, wird am 29. November im Rahmen des 17. Deutschen Nachhaltigkeitspreises in Düsseldorf bekannt gegeben.

„Die drei Finalisten beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur zeigen, wie eine sozial gerechte Transformation in der Architektur funktionieren kann", sagt Prof. Amandus Samsøe Sattler, DGNB-Präsident und Vorsitzender der Jury. „Neben der Notwendigkeit, Vorhandenes zu nutzen, den Bestand zu erhalten und regional zu denken, kommt dem Menschen in seinem sozialen Umfeld gerade in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels eine besondere Bedeutung zu. Unsere Finalisten haben das für unterschiedliche Bauaufgaben gemeistert und wegweisende Orte für die Gemeinschaft geschaffen.“

Gemeinschaft: Collegium Academicum in Heidelberg

Das im Zuge der Internationalen Bauausstellung in Heidelberg entstandene Collegium Academicum bildet hierzulande das größte selbstverwaltete und selbstfinanzierte Wohn- und Gemeinschaftsprojekt für Menschen in der Ausbildung. Auf der Konversionsfläche eines ehemaligen US-Militärhospitals fungiert das aus zwei sanierten Bestandsbauten und einem Neubau bestehende Projekt als Entrée für ein neu entstehendes Viertel. Gleichzeitig spielt es eine Schlüsselrolle bei der Wiederbelebung des für lange Zeit brachliegenden Stadtteils Rohrbach. Die Jury sieht das Projekt als Vorbild für eine gesellschaftsbildende Nachbarschaft inklusive der Umsetzung aller Parameter des nachhaltigen Bauens, der Nachnutzung und einer klimaangepassten Architektur.

Der im Zuge des Projektes von DGJ Architektur entworfene Holzneubau vereint flexibles und flächensparendes Wohnen, ohne dabei auf Qualität zu verzichten. Neben Wohnraum beinhaltet das Collegium Academicum unterschiedliche Gemeinschaftsflächen wie eine Aula für jegliche Art von Veranstaltungen, Werkstätten, Seminar- und Arbeitsräume. Innerhalb der 46 Wohngemeinschaften verändern die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Individualfläche zwischen sieben und 14 Quadratmetern eigenständig, wodurch der gemeinschaftlich genutzte Bereich je Wohnung entsprechend größer oder kleiner wird.

Miteinander: Integratives Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbund e.V. in Dresden

In Dresden wurde eine brachliegende Industriefläche zum integrativen Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbund e.V. umgenutzt. In den Augen der Jury hat das ortsansässige Büro Alexander Poetzsch Architekturen einen respektvollen Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz gefunden, um das alte Fabrikgelände zu reaktivieren und einen lebendigen Ort des Miteinanders zu schaffen. Die vorgefundene Struktur wurde nur punktuell erweitert und in Holzständer-Bauweise aufgestockt. Dadurch bleiben die Spuren der industriellen Vergangenheit erhalten, sicht- und erlebbar.

Neben dem vorbildlich nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und Fläche lernen die Nutzerinnen und Nutzer des Gebäudes ganz nebenbei dessen Geschichte zu lesen und den Wert vorhandener Bausubstanz zu schätzen. Das Familienzentrum umfasst eine Beratungsstelle, Verwaltungs- und Konferenzräume, eine therapeutische Wohngemeinschaft, einen Jugendklub, eine Werkstatt, eine kleine Bibliothek und einen Innenhof als Ort der Begegnung im Zentrum des Geschehens.

Interaktion: Erweiterung Werk II Fa. elobau in Leutkirch

Die eingeschossige Erweiterung des Werkgebäudes der Firma elobau in Leutkirch im Allgäu umfasst zwei Hallen mit Arbeitsplätzen für Produktion und Büro. Der Herausforderung, einen Industriebau sowohl nachhaltig als auch architektonisch hochwertig zu gestalten, ist das Büro f64 Architekten und Stadtplaner aus Sicht der Jury vollumfänglich begegnet. Die Ausrichtung der als Holzkonstruktion konzipierten Sheddächer ermöglicht eine blendfreie Belichtung des Innenraums mit Tageslicht. Zusammen mit der sichtbaren Holzkonstruktion entsteht im Innenraum eine hohe Aufenthaltsqualität.

Die Grundrisse sind flexibel bespiel- und anpassbar. Sichtbezüge und die Schaffung gleichwertig gestalteter Arbeitsplätze für die Mitarbeitenden in Produktion und Verwaltung fördern den Austausch untereinander. Der regionale Kontext wird insbesondere durch die Lärchenholzschindeln als traditionelle Fassadenbekleidung im Allgäu hergestellt. Mit der Beauftragung vor Ort ansässiger Firmen für die Ausführung und der vorrangigen Verwendung lokaler Bauprodukte bezieht sich das Gebäude insgesamt auf die Bautradition der ländlich geprägten Gegend.

Präsentation der Finalisten auch im Livestream

Für alle Interessierten, die nicht vor Ort dabei sein können, besteht die Möglichkeit, die Finalisten bereits am Vormittag im Live-Stream über dnp.tv kennenzulernen. Zwischen 11 und 12 Uhr präsentieren die Beteiligten ihre Projekte dem interessierten Publikum.

Alle eingereichten Projekte wurden von einer Fachjury bewertet, die durch die DGNB und die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis berufen wurde. Die Jury ist mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Bauen und Gesellschaft besetzt. Zu den Mitgliedern zählten in diesem Jahr Heike Gruner (Geschäftsstelle Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“), Martin Haas (haas.cook.zemmrich – STUDIO 2050), Prof. Thorsten Helbig (knippershelbig GmbH), Prof. Maren Kohaus (Technische Hochschule Rosenheim, sustainable architecture GmbH), Reiner Nagel (Bundesstiftung Baukultur), Gabriele Pfründer (Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR), Prof. Matthias Rudolph (Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart), Prof. Amandus Samsøe Sattler (ensømble studio architektur Berlin), Frank Schönert (Hütten & Paläste) sowie Ralph Wölffing-Seelig (Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen bdla, Landesverband Baden-Württemberg e.V.).

Weitere Informationen und die Jurybegründungen zu den einzelnen Projekten gibt es unter www.dgnb.de/dnp-architektur und www.nachhaltigkeitspreis.de/wettbewerbe/architektur.

Die Finalisten mit den Projektbeteiligten in der Übersicht:

Collegium Academicum, Heidelberg

  • Bauherrin: Collegium Academicum GmbH
  • Architektur: DGJ Architektur GmbH
  • Bauleitung: Biek Architektur
  • Freianlagen: GDLA/Gornik Denkel landschaftsarchitektur partg mbb
  • Holzbau: ZÜBLIN Timber GmbH
  • Bauphysik: ina Planungsgesellschaft mbH
  • Statik Holz, Schallschutz: Pirmin Jung Deutschland GmbH
  • Statik Beton: Jäger Ingenieure
  • ELT: SBI schicho ingenieure GmbH & Co. KG
  • HLS: IBS Scholz GmbH & Co. KG
  • PV-Planer: HEG Heidelberger Energiegenossenschaft eG
  • Brandschutz (bis LP4): HHP
  • Brandschutz (ab LP5): Schoob Architektur

Integratives Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbund e.V., Dresden

  • Bauherr: Deutscher Kinderschutzbund e.V. Ortsverband Dresden
  • Architektur: Alexander Poetzsch Architekturen
  • Ingenieurbüro Ulrich Röder
  • Petschow + Thiel Projektmanagement GmbH
  • ICL Ingenieur Consult GmbH
  • Graner Ingenieure GmbH

Erweiterung Werk II Fa. elobau, Leutkirch

  • Bauherr: elobau GmbH & Co. KG
  • Architektur: f64 Architekten und Stadtplaner GmbH
  • Landschaftsarchitektur: Baron Landschaftsarchitekt
  • Tragwerksplanung: Helber + Ruff
  • Gebäudetechnik: Ingenieurbüro Pfähler + Rühl
  • Gebäudetechnik Elektro: Ingenieurbüro Sulzer, Vogt
  • Energiekonzept, Ökobilanzen: Transsolar

EnEV: Ingenieurbüro Ulrich

Bild: Diese symbolträchtige Trophäe erhält der Sieger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Architektur am 29. November in Düsseldorf. (Foto: DGNB)

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: online

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