Rohr- und Kanalbau - von Redaktion
Zwei Module, zahlreiche Möglichkeiten
Luri.watersystems.GmbH realisiert erfolgreiches Regenüberlaufbecken-Pilotprojekt
Berlin – Der Deutsche Wetterdienst (DWD) geht davon aus, dass Starkniederschläge deutschlandweit auf lange Sicht zunehmen werden. Je nach Region rechnen die Experten zukünftig mit bis zu 50 oder sogar 100 Prozent Steigerung gegenüber dem Vergleichszeitraum 1960 bis 2000.
Sogenannte markante Wetterlagen mit ≥ 10 Millimeter Niederschlag pro Stunde und Unwetter, bei denen pro Stunde 25 Millimeter oder mehr Niederschlag fallen, stellen auch für die städtische Abwasserentwässerung eine große Herausforderung dar. Die zu erwartende Zunahme macht es notwendig, frühzeitig über neue Lösungen der Regen- bzw. Abwasser-Retention nachzudenken. Modellcharakter könnte ein System haben, das die Luri.watersystems.GmbH und die Technische Universität Berlin im April 2013 in den Testbetrieb genommen haben: Die „Spree2011“-Anlage.
Diese Anlage, ein im Berliner Osthafen installiertes Regenüberlaufbecken, hat seinen von der TU Berlin überwachten Betrieb bislang erfolgreich absolviert – die in achtmonatiger Bauzeit errichtete Anlage versieht ihren Dienst einwandfrei und erfüllt sämtliche Anforderungen. Die wahlweise oberirdisch, unterirdisch oder in Gewässern installierbaren Varianten lassen sich in jeder gewünschten Länge, Breite und Höhe sowie mit beliebig großem Volumen realisieren. Vor Kurzem ist das serienreife, aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) gefertigte Produkt für die Regenwasser-Retention dem Markt offiziell vorgestellt worden; potenzielle Käufer aus dem In- und Ausland haben bereits starkes Interesse bekundet.
Starkregen nimmt zu
Starkregenereignisse, bei denen binnen 5 Minuten 5 Liter Regen und mehr pro Quadratmeter niederprasseln, lassen das Kanalnetz schnell an seine Grenzen gelangen. Wenn die Kanalisation den Wassermengen nicht mehr gewachsen sind, kann das gerade in Großstädten durchaus dramatische Folgen haben. Abwässer fließen plötzlich ungeklärt in Flüsse und Seen, im schlimmsten Falle drohen nicht nur Badeverbote, sondern Fischsterben und Gefährdung der Trinkwasservorräte. Grund genug für Luri.watersystems, in Kooperation mit der TU Berlin und weiteren Partnern das Regenbeckensystem Luritec zu entwickeln. Das Ergebnis von fünf Jahren intensiver Forschungsarbeit ist ein neuartiges Regenbecken, dessen Kernbestandteile aus GFK gefertigt sind und das seinen Testbetrieb im Osten Berlins in Kürze erfolgreich abschließen wird.
Luri.watersystems-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Ralf Steeg: „Wir haben das Produkt aus dem Pilot zur Serienreife entwickelt – jetzt können wir mit einem leistungsstarken, ausgereiften Baukasten-System an den Start gehen, das alle Anforderungen erfüllt, welche die Beteiligten vor Beginn der Testphase festgelegt haben.“ Basierend auf den im Betrieb gesammelten Erfahrungen konnte die Konstruktion des in Berlin eingesetzten Prototyps sogar noch vereinfacht werden: Das marktreife Luritec-System besteht aus lediglich zwei Modulen – gefertigt aus GFK-Rohren in der Standarddimension DN3000 –, die sich in vielfältiger Weise kombinieren lassen.
Leicht und platzsparend
Die Konstruktion des modular aufgebauten Systems unterscheidet sich schon auf den ersten Blick deutlich vom Gros der herkömmlichen Systeme, vereint in sich aber umfangreiche siedlungswasserwirtschaftliche Erfahrungen. Das fängt beim verwendeten Werkstoff an und zieht sich über die Form bis hin zu verschiedenen Einbaumöglichkeiten.
Im Unterschied zu traditionellen Systemen sind die Luritec-Speicherelemente nicht aus Beton gefertigt, sondern die 56,6 mm starken Wände (bei Durchmesser DN3000) der Module bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff – einem Werkstoff, der in der Siedlungswasserwirtschaft bereits seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt wird und nachweislich die höchsten Ansprüche an Haltbarkeit, Hydraulik, Sicherheit, Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllt.
Anders als der Werkstoff Beton zeigt sich GFK auch nach Jahrzehnten unempfindlich gegenüber Korrosion durch biogene Schwefelwasserstoffe, aber auch beim Einbau punktet GFK bereits mit geringem Gewicht und problemlosem Handling. Das ansonsten für die Montage erforderliche schwere Gerät kann auf dem Bauhof bleiben.
Neu ist auch das Erscheinungsbild des Systems, dessen Form von Silos und Flüssigkeitsspeichern inspiriert ist, und dessen Module sowohl liegend als auch stehend eingesetzt werden können. Steeg: „Die Möglichkeit, die Tanks senkrecht einzubauen, macht das System auch da zur guten Wahl, wo, wie vielerorts im städtischen Untergrund, der Platz knapp ist.“ Tatsächlich werde Luritec bisher bevorzugt senkrecht geplant, zumal in manchen Ländern Quadratmeterpreise im vierstelligen Dollarbereich keine Seltenheit seien. Für Regenbecken außergewöhnlich und mit Blick auf die Reinigung von Vorteil ist der senkrechte Einbau, denn in der glattwandigen stehenden Röhre kann sich kein Unrat ansammeln.
Zu Wasser wie an Land einsetzbar
Der Einsatz an Land – wahlweise ober- oder unterirdisch möglich – dürfte zwar der Normalfall sein, aber im Berliner Pilotprojekt hat das System zudem seine Tauglichkeit für den Einsatz unter Wasser bewiesen. Damit ist Luritec ein weltweit anwendbares System, das alternativ zur aufwändigen landseitigen Installation einfach in vorhandene Gewässer eingesetzt werden kann.
Ganz gleich, ob sich ein Auftraggeber für den Einsatz zu Wasser oder an Land entscheidet und ob das System stehend oder liegend zur Anwendung gelangt – am einfachen Grundprinzip, dem der Aufbau folgt, ändert sich nichts. Die Komponenten, die nach dem Baukastensystem miteinander kombiniert werden, sind stets gleich.
Zwei Module reichen aus, um sämtliche möglichen Varianten zu konstruieren; Breite, Höhe und Volumen der Anlage sind flexibel und orientieren sich am Bedarf des Auftraggebers.
Als Regenbecken in Misch- und Trennkanalisation nutzbar, lässt sich mit Luritec Retentionsraum schaffen, der auch bei Starkregenereignissen eine ordnungsgemäße Entwässerung sicherstellen hilft – und das, wenn nötig, auf kleinster Fläche. Der verwendete Werkstoff GFK macht Luritec darüber hinaus zu einer Alternative, die sich rechnet. Besonders die oberirdischen Varianten lassen sich sehr kostengünstig realisieren. Dank des geringen Gewichts lässt sich das System vor Ort in einem Bruchteil der Zeit installieren, die zur Montage konventioneller Becken erforderlich ist; zudem punktet GFK mit langer Haltbarkeit. Weiterer Vorteil des Systems: Straßensperrungen und Wasserhaltungen werden auf ein Minimum reduziert.
Zwei Bausteine, zahlreiche Möglichkeiten
Dank des einfachen Aufbaus und der verschiedenen Kombinations- und Einsatzmöglichkeiten des Luritec-Systems ergeben sich völlig neue Perspektiven. Steeg: „Auf einer im Wasser liegenden Anlage kann zum Beispiel eine Plattform installiert werden, die die touristische Nutzung gestattet – vom Bootssteg über gastronomische Einrichtungen bis hin zum schwimmenden Garten ist gestalterisch wie statisch vieles möglich“.
Alternativ sei auch die Installation von Anlagen für die weiterführende Abwasserbehandlung und die Nutzung der Anlage als (Klein-)Klärwerk denkbar. „Gerade für viele kleine Urlaubsinseln, die Probleme mit ihrer Abwasserentsorgung haben, kann das eine wirtschaftlich sehr attraktive Lösung sein. Erste Anfragen von Interessenten aus Vietnam liegen uns bereits vor“, so Steeg.
Das Fazit des Luri.watersystems-Geschäftsführers: Das innovative System entspricht voll und ganz dem ehrgeizigen Anspruch des Unternehmens, die besten Regenbecken der Welt zu bauen.
von Redaktion
Erschienen in Ausgabe: März 2016 | Seite 33